Freiheit für alle politischen Gefangenen!
Der 18. März 2003

Am 18. März 2003 jährt sich zum achten Mal der ursprünglich von LIBERTAD! initiierte bundesweite “Aktionstag der Solidarität mit den politischen Gefangenen und von staatlicher Repression Betroffenen”. Seit 1996 wird dieser Tag vielerorts dazu genutzt, auf die Situation jener Frauen und Männer aufmerksam zu machen, die auf Grund ihres politischen Engagements innerhalb sozialer oder revolutionärer Bewegungen Opfer staatlicher Verfolgung oder - ganz allgemein - zu menschlichen Risikofaktoren der hier herrschenden “Inneren Sicherheit” geworden sind.
Seit dem 11. September 2001 hat sich die Situation dieser Menschen noch einmal um ein Vielfaches verschärft - und zwar im globalen Maßstab! Die bürgerlich- kapitalistischen Repräsentativdemokratien der so genannten “zivilisierten westlichen Welt” sind mit Hilfe von öffentlichkeitswirksam in Szene gesetzten Bedrohungsszenarien im widerstandslosen Laufschritt dazu übergegangen, den auf die geostrategische Tagesordnung gesetzten “Krieg gegen den Terrorismus” in ein “weltinnenpolitisches” Unterdrückungsinstrumentarium zu transformieren. Damit lässt sich in Zukunft jede gesellschaftliche Auseinandersetzung, jedes Eintreten für emanzipatorische Ziele, jede Form sozialen und politischen Widerstands als “terroristischer Akt” darstellen, dem mit allen staatsrepressiven Mitteln entgegengetreten werden muss. Wie sich solch eine repressive Sicherheitspolitik beispielsweise auf die kollektive Entfaltbarkeit von Protesten gegen globale Ausbeutung und Unterdrückung auswirkt, wissen wir aber bereits seit längerer Zeit: Ausreise- /Städteverbote, brutale Polizeieinsätze, Massenfestnahmen, DemonstrantInnenkessel, hohe Haftstrafen oder der Gebrauch von Schusswaffen auf Seiten der Repressionsorgane gehören mittlerweile fast schon zum europäischen Widerstandsalltag.
Mit diesen oder ähnlichen Maßnahmen soll Widerstand - in welcher Form auch immer - entpolitisiert und kriminalisiert werden. Und mehr noch: Er soll es als organisierter Ausdruck kollektiven Protestes erst gar nicht bis auf die Straßen schaffen, sondern bereits im Keim erstickt werden. Sonst kann es schon mal passieren, dass in den Reihen der Demonstrierenden ein durch Polizeikugeln Ermordeter zu beklagen ist: Carlo Giuliani zum Beispiel musste in Genua sterben, weil er sich an antikapitalistischen Kämpfen beteiligt hatte und nicht zu Hause geblieben war.
Aber selbst diejenigen, die bereits dort gelandet sind, wo sie sich an solchen Auseinandersetzungen nicht mehr durch körperliche Anwesenheit beteiligen können: im Knast! -, haben noch mehr als sonst zu spüren bekommen, was es in Zukunft heißt, für den Staat ein “Terrorist” zu sein (oder für “Terroristen” Unterstützung zu leisten): Isolationshaft und Kontaktsperre in den USA, tödlicher Polizeieinsatz mit Panzern und Bulldozern in der Türkei gegen politische Gefangene und deren Angehörige; Verbote baskischer Gefangenenhilfsorganisationen und Parteien usw.
Auch hier in der BRD gibt es noch einige politische Gefangene, die im Knast bewusst an den äußersten Rand ihrer physischen und psychischen Integrität gebracht wurden und teilweise seit mehr als 20 Jahren auf ihre Freilassung warten.
Dies sind jedoch nicht die einzigen, die aus politischen Gründen in deutschen Knästen sitzen. Neben z.B. ehemaligen Funktionsträgern der DDR oder Totalen- Kriegsdienstverweigerern, sind dies in erster Linie Nichtdeutsche.
Deshalb und aus vielen anderen Gründen gehen wir am 18. März 2003 oder in den Tagen davor wieder auf die Straße. Wir dürfen nicht vergessen, dass es hier und anderswo eine ganze Reihe von politischen Gefangenen gibt. Wir dürfen nicht vergessen, dass mit der erneuten Verschärfung der Sicherheitsgesetzgebung der Handlungsspielraum von politisch aktiven Menschen noch weiter eingeschränkt werden soll. Wir dürfen nicht vergessen, dass hier in der BRD Menschen, die aus anderen Ländern hilfesuchend hierher geflohen sind, die sofortige Abschiebung droht, wenn sie es auch nur wagen sollten, sich in irgendeiner Form politisch zu betätigen oder deshalb den ihnen zugewiesenen Landkreis zu verlassen.
(aus Rote Hilfe-Presseerklärungen)