Presseerklärung der Roten Hilfe OG Heidelberg
zu wiederholten VS-Anquatschversuchen in Mannheim

Seit Ende 2000 lassen MitarbeiterInnen des Verfassungsschutzes (VS) fast keine Chance ungenutzt, mit dreisten Anwerbe-Versuchen in der linken, vor allem antifaschistisch orientierten und mit dem JuZ in Verbindung gebrachten Szene Mannheims punkten zu wollen.
Der aktuellste, unserer Anti-Repressionsgruppe bekannt gewordene Fall ist jener, der sich am Mittwoch, dem 12.02.2003 wie folgt zugetragen hat:
Gegen 18.30 Uhr bekommt eine der antifaschistischen Szene zugeordnete Person Besuch von zwei VS-Leuten (ein Mann, eine Frau). Einer der Beiden, die beim Öffnen der Tür sofort ihre Ausweise zücken, stellt sich als „Herr Hildebrandt“ vor (die VSlerin scheint keinen Namen zu haben). Sofort versuchen die Beiden, die von staatlicher Repression Betroffene in ein Gespräch zu verwickeln. Grund ihres unerwarteten Besuchs sei das Thema „Extremismus“ (Zitat: „Wir meinen damit natürlich sowohl Links- als auch Rechts-Extremismus.“). Die an dieser Stelle sicherlich unnötige, aber wahrscheinlich der Verwirrung geschuldete Feststellung der Betroffenen, „nichts mehr mit der Antifa zu tun zu haben“, übergehen die VSlerInnen, indem sie darauf insistieren, doch gemeinsam die Örtlichkeit zu wechseln und ein nettes Café aufzusuchen (zum weiteren Plausch). Nach dem vehementen Zurückweisen dieses dreisten Vorschlags bedanken sich die beiden VSlerInnen höflich und versichern dabei, dass dieser unerwartete Besuch keine Folgen für die Betroffene haben werde. Man könne ja nochmals telefonisch über diese Sache reden.
Die Frage der Betroffenen, woher sie denn ihren Namen und ihre Adresse hätten, beantwortet „Herr Hildebrandt“ mit einem Verweis darauf, dass man ja nicht „aus dem Nähkästchen plaudern“ könne. Aber ganz allgemein sei es eben so, dass „die Zecken (!) die Faschos beobachten“ würden. Sie würde schon wissen, was „Herr Hildebrandt“ damit meine.
Dann ziehen die VS-SchnüfflerInnen wieder ab.
Hier hat sich erneut gezeigt, dass jedeR politisch Aktive oder bisweilen in linken Zusammenhängen Anzutreffende damit rechnen muss, angequatscht zu werden. Oftmals geschieht dies sogar am Arbeitsplatz (oder bei den Eltern) und unter Androhung von Konsequenzen für eventuell laufende Verfahren.
Beim oben aufgeführten Fall war es mal wieder so, dass einer der „politischen Feinde“ der Linken als Grund für eine Anquatsche herhalten musste. Dabei versuchen die VSlerInnen oftmals, „Gemeinsamkeiten“ zwischen ihnen und den vermeintlichen Antifas herzustellen, die ja eigentlich das Gleiche (wie die „wehrhafte Demokratie“) wollten, nämlich gegen Nazis zu sein, aber eben „andere Mittel“ zur Durchsetzung ihrer Ziele hätten.
Das „Beobachten“ bzw. „Ausspionieren“ der FaschistInnen (durch Linke [„Zecken“]) dient in den Augen der HüterInnen der freiheitlichen demokratischen Grundordnung ja ausschließlich dem Ziel, die Observierten zu günstigeren Zeitpunkten physisch zu attackieren. Und das müsse von staatlichen Organen schließlich verhindert werden. Und wenn bei diesem „ehrenhaften“, präventiven Schutz der physischen Unversehrtheit deutscher Staatsbürgerinnen und -bürger den Geheimdienstbehörden noch ein paar Informationen über die staatsfeindliche Linke zur Verfügung gestellt werden - um so besser...
Die einzige richtige Reaktion auf Anwerbeversuche kann nur das sofortige Ablehnen jedes Gesprächs sein, denn jede noch so lapidar erscheinende Information kann für VerfassungsschützerInnen ein wichtiger Baustein in ihrem Bild von Euren Zusammenhängen oder sogar für abenteuerliche Anklagekonstruktionen gegen Dich und Deine GenossInnen sein (oder gegen Menschen, mit denen du früher mal etwas zu tun hattest).

Immer gilt:
1. Euch von staatlicher Repression Betroffene trifft keine Schuld, Ihr habt nichts „falsch“ gemacht; Ihr seid nicht mit den „falschen“ Leuten zusammen gekommen; ihr seid aus den unterschiedlichsten Gründen vom staatlichen Repressionsapparat „ausgewählt“ worden.
2. BeamtInnen des Verfassungsschutzes, deren Arbeit sich im Gegensatz zum Staatsschutz ausschließlich auf geheimdienstliche Erkenntnisse bezieht, haben keinerlei Befugnisse, eine Aussage oder Mitarbeit zu verlangen; sie haben keine Macht, juristischen oder sonstigen Druck auf Dich auszuüben (auch wenn sie in Extremfällen damit drohen und es in Extremfällen auch tatsächlich hinkriegen); deshalb verweist mensch sie am Besten gleich des Hauses.
3. Die betroffene Person meldet den „Anquatschversuch“ am Besten sofort der „Roten Hilfe e. V.“ (oder irgend einer anderen Anti-Repressionsgruppe in der Nähe) und erklärt sich einverstanden, diesen Vorgang zu veröffentlichen, denn nichts ist dem Verfassungsschutz unliebsamer, als eine Öffentlichkeit, die seine Arbeit kritisch wahrnimmt und ans Tageslicht befördert.
4. Bei VSlerInnen handelt es sich immer um geschultes, professionell ausgebildetes Personal, das Euch in jeder Hinsicht immer um mehrere Schritte voraus ist. Zu denken, ihnen bei einem Gespräch etwas „vorspielen“, sie auf falsche Fährten locken zu können, ist fatal - Ihr wurdet ja eben deshalb ausgewählt, weil sie genauestens über Euch, Euren (ehemaligen) Freundeskreis und über Euer Freizeitverhalten Bescheid wissen. Ihr werdet niemals zufällig ausgewählt.

Die Rote Hilfe e. V. Heidelberg protestiert hiermit zum wiederholten Male ausdrücklich gegen die Anwerbeversuche des Geheimdienstes.

Heidelberg, den 11.04.2003