Heidelberg, den 02.12.2004

Presseerklärung:
Der Verfassungsschutz wollte mal wieder in Heidelberg fündig werden!

Schon vor einigen Monaten war ein in Heidelberg studierender Mannheimer bei einem gescheiterten Anwerbeversuch von einem Verfassungsschützer darauf hingewiesen worden, dass er - seinen behördlichen Informationen zufolge - Kontakt zur radikalen Linken Heidelbergs habe und deshalb für sie von Interesse sei. Nun hat ein Mitarbeiter des baden-württembergischen Innenministeriums am 23.11.2004 gleich zweimal versucht, direkt in Heidelberg Menschen aus der linken Szene für geheimdienstliche Tätigkeiten zu gewinnen.
Bei seinem ersten Versuch stellte er sich der Schwester des betroffenen Schülers als der aus Stuttgart kommende „Herr Steiger“ vor, der doch bitte unter der Mobilnummer 0175/2217249 zurückgerufen werden wolle. Nichts ahnend rief dann der Gymnasiast unter dieser Nummer an – und befand sich plötzlich inmitten eines Anwerbegesprächs. Bevor er das Telefonat von sich aus beenden konnte, teilte ihm der Schnüffler mit, dass er für seine innerstaatliche Geheimdienstbehörde deshalb von Bedeutung sei, weil er sich in Heidelberg in „interessanten Kreisen“ bewege.
Beim zweiten Versuch tauchte der gleiche Verfassungsschützer am gleichen Tag bei einem Heidelberger Studenten auf. Als der ihm öffnete, wies „Herr Steiger“ sofort darauf hin, dass er vom Verfassungsschutz sei und ihn besucht habe, um „mit ihm zu reden“: „Wir sammeln Informationen über Neonazis und dazu wollen wir dir Fragen stellen.“ Darauf wollte sich der ins geheimdienstliche Visier Geratene aber nicht einlassen und verabschiedete sich vom Mitarbeiter des Stuttgarter Innenministeriums. Der ungebetene Gast wollte sich aber nicht so schnell abwimmeln lassen und noch unbedingt loswerden, wie er denn gerade auf ihn gekommen sei: Der Student sei „bei einer antifaschistischen Demonstration in Aschaffenburg“ kontrolliert worden …
Hier hat sich erneut gezeigt, dass jedeR politisch Aktive oder bisweilen in linken Zusammenhängen Anzutreffende damit rechnen muss, angequatscht zu werden. Oftmals geschieht dies sogar unter Einbeziehung der Eltern und/oder der Geschwister. Bei einem der oben aufgeführten Fälle war es wieder einmal so, dass die „politischen Feinde“ der Linken als Grund für einen Anwerbeversuch vorgeschoben wurden. Dabei versuchen die VSlerInnen, „Gemeinsamkeiten“ zwischen ihnen und den vermeintlichen Antifas herzustellen, die ja eigentlich das Gleiche (wie die „wehrhafte Demokratie“) wollten, nämlich gegen Neonazis vorzugehen, aber eben „andere Mittel“ zur Durchsetzung ihrer Ziele hätten. Das „Beobachten“ bzw. „Ausspionieren“ der Antifas (durch FaschistInnen) diene ja ausschließlich dem Ziel, die Observierten zu günstigeren Zeitpunkten physisch zu attackieren. Und das müsse von staatlichen Organen und den HüterInnen der freiheitlichen demokratischen Grundordnung schließlich verhindert werden. Dass es dem VS in diesem Fall aber primär darum geht, an Informationen über Linke heranzukommen, die aktiven Widerstand (auch militanten) gegen FaschistInnen leisten, und eben nicht um präventiven Schutz der physischen Unversehrtheit staatskritischer Linker, dürfte offensichtlich sein.
Die einzig richtige Reaktion auf Anwerbeversuche kann nur das sofortige
Ablehnen jedes Gesprächs sein, denn jede noch so nebensächlich
erscheinende Information kann für VerfassungsschützerInnen ein wichtiger
Baustein in ihrem Bild von den politischen Zusammenhängen oder sogar für
abenteuerliche Anklagekonstruktionen gegen die/den BetroffeneN und
ihr/sein politisches Umfeld sein.

Die Rote Hilfe e. V. Heidelberg protestiert hiermit zum wiederholten Male ausdrücklich gegen die Anwerbeversuche des Geheimdienstes.

Rote Hilfe e. V. Ortsgruppe Heidelberg