Berufsverbot gegen ein AIHD-Mitglied

Seit Mitte Dezember 2003 ist bekannt, dass gegen den Realschullehrer Michael Csaszkóczy, der in der Antifaschistischen Initiative Heidelberg (AIHD) aktiv ist, ein Berufsverbotsverfahren läuft. In einem Brief des Oberschulamtes Karlsruhe wurde ihm mitgeteilt, dass Erkenntnisse des Verfassungsschutzes Zweifel an seiner Bereitschaft aufkommen ließen, jederzeit für die „freiheitliche demokratische Grundordnung“ einzutreten. Die für 1. Februar 2004 vorgesehene Übernahme in den Schuldienst wurde ausgesetzt, womit das noch nicht offiziell verhängte Berufsverbot faktisch schon in Kraft getreten ist.
Bei einem „vertieften Einstellungsgespräch“ am 21. April 2004 wurde deutlich, dass die Entscheidung des Oberschulamts im Grunde bereits gefallen ist, wobei in erster Linie die von Michael nicht dementierte Zugehörigkeit zur AIHD ausschlaggebend war.
Der Ursprung der Berufsverbote liegt im 1972 eingeführten „Radikalenerlass“, mit dessen Hilfe politisch aktive Menschen aus dem öffentlichen Dienst ferngehalten und Gleichgesinnte eingeschüchtert werden sollten. Von 1979 an wurde dieses Repressionsinstrument nicht mehr in dieser Form angewendet, ohne dass es jedoch aus der Gesetzgebung sämtlicher Bundesländer gestrichen wurde; so ist es auch im „Landesbeamtengesetz Baden-Württemberg“ weiterhin verankert – und zwar in einer Form, die weitgehend aus dem NS-Gesetz „zur Wiederherstellung des Berufsbeamtentums“ von 1933 übernommen wurde.
Die Praxis der Berufsverbote unterscheidet sich grundlegend von anderen staatlichen Repressionsmaßnahmen gegenüber systemkritischen AktivistInnen. Während bei anderen Formen politischer Verfolgung in der Bundesrepublik den Betroffenen ein konkreter Verstoß gegen Gesetze nachgewiesen werden muss, kommt bei den auf dem „Radikalenerlass“ basierenden Verfahren ausschließlich die Zugehörigkeit zu einer politisch unliebsamen Gruppe zum Tragen. Damit werden die politische Meinung und das daraus resultierende persönliche Engagement an sich kriminalisiert, was die inoffizielle (Wieder-)Einführung des „Gesinnungsverbrechens“, wie es aus dem Nationalsozialismus bekannt ist, bedeutet.
Eine weitere Besonderheit der Berufsverbote ist ihr vollständiges Losgelöstsein von den staatlichen Strafverfolgungsbehörden, indem an Stelle eines Gerichts das Oberschulamt das Urteil fällt. Grundlegende Informationen zu den einzelnen Fällen kommen vom Innenministerium und dem diesem zuarbeitenden Landesamt für Verfassungsschutz (VS), das dadurch den Status einer Ermittlungsbehörde erhält.
Dieser innerstaatliche Geheimdienst beschränkt sich normalerweise auf die Beobachtung legaler politischer Aktivitäten beziehungsweise Gruppierungen. Auch die Antifaschistische Initiative Heidelberg (AIHD), die beim Berufsverbotsverfahren gegen Michael Csaszkóczy am meisten Gewicht hatte, steht seit Jahren im Fadenkreuz des Verfassungsschutzes. Dabei handelt es sich bei der AIHD keineswegs um einen klandestinen, in der Illegalität arbeitenden Zusammenhang, sondern um eine offen auftretende antifaschistische Gruppe, gegen die noch nie ein Ermittlungsverfahren eingeleitet wurde.
Dieser Angriff des Staates richtet sich nicht nur gegen eine Person, sondern insbesondere gegen die politische Arbeit der AIHD, die es in den letzten fünf Jahren erfolgreich geschafft hat, radikale linke Politik in die Öffentlichkeit zu tragen.
Die AIHD wendet sich entschieden gegen diese nach vielen Jahren wieder belebte Repressionsmaßnahme, die als Angriff auf die gesamte radikale Linke zu werten ist. So soll ein Klima der Angst erzeugt werden, in dem politisch interessierte Menschen durch den drohenden Entzug ihrer Existenzgrundlage von jeglicher emanzipatorischer Aktivität abgeschreckt werden.

Der staatlichen Repression entgegentreten!
Weg mit den Berufsverboten!
Geheimdienste abschaffen!

Heidelberg, 4. Juni 2004