Redebeitrag der AIHD auf der Kundgebung
gegen das “Heldengedenken“ am Heidelberger Ehrenfriedhof 2004

Wie schon letztes Jahr stehen wir auch heute wieder vor dem Eingang des Heidelberger Ehrenfriedhofes, um gegen die hier betriebene Gleichsetzung von Tätern und Opfern zu protestieren. Denn alljährlich veranstaltet die Stadt Heidelberg am so genannten „Volkstrauertag“ eine Gedenkveranstaltung, bei der gemeinsam mit VertreterInnen des Heidelberger Gemeinderats, der Parteien, des Militärs sowie rechtsextremer Burschenschaften der „Opfer von Krieg und Gewalt“ gedacht werden soll.
Was zuerst nach einem berechtigten Anliegen klingt, entpuppt sich bei genauerem Hinschauen als eine Veranstaltung in bester deutscher Tradition:
Der so genannte Ehrenfriedhof, angelegt für die Gefallenen des Ersten Weltkrieges (mit Ausnahme der jüdischen, deren Namen aus den Listen getilgt wurden) und 1934 eingeweiht durch den Nazi-Bürgermeister Carl Neinhaus, ist nach dem Krieg zu einer Gedenkstätte für die gestorbenen Wehrmachts- und SS-Angehörigen erweitert worden. An der Konzeption dieses Musterbeispiels faschistischer Ästhetik ist nichts verändert worden, lediglich eine dezente Inschrift mit dem Text „Den Opfern von Krieg und Gewalt“ wurde an dem monumentalen, an einen Opferaltar erinnernden Felsblock im Zentrum der Gedenkstätte angebracht.
Kein Wunder, dass solch ungebrochene Traditionspflege wie ein Magnet auf alte und neue Nazis wirkt. So legten am 8. Mai 2002 - eigentlich der Jahrestag des Siegs über den Nazifaschismus - Mitglieder militanter neonazistischer Kameradschaften der Region Kränze für die gefallenen Wehrmachtssoldaten nieder.
Aber auch die offizielle Gedenkveranstaltung der Stadt Heidelberg zieht Rechte aller Couleur an.
Die rechtsextreme Burschenschaft Normannia, welche die Teilnahme an der „Ehrenfriedhofsfeier“ nach eigenem Bekunden seit Jahren zu einem Schwerpunkt ihrer öffentlichen politischen Aktivitäten gemacht hat, schritt 2002 zum ersten Mal ungehindert im offiziellen Trauerzug der militärischen Würdenträger mit. Ließ die Normannia bei dieser Gelegenheit in den vergangenen Jahren auch ungerührt manche sozialdemokratische Gutmenschenfloskel an sich vorbeiplätschern, wurde sie bei anderen Gelegenheiten schon konkreter:
So etwa beim Flugblätterverteilen auf der Hauptstraße, wo sie schon mal offen gegen „die Macht des jüdischen Finanzkapitals“ (Sommer 2000) oder gegen die „Cocalisierung der deutschen Gesellschaft“ (Sommer 2003) hetzte. Nicht weiter verwunderlich also, dass die Normannen von der antisemitischen Rede des ehemaligen CDU-Abgeordneten Hohmann so begeistert waren, dass sie diese im November 2003 vor der Mensa in der Heidelberger Altstadt verteilten.
Allerdings beschränken sich die jungen und alten Herren der Normannia nicht aufs Verteilen hetzerischer Flugschriften. Auch Vortragsveranstaltungen auf ihrem Haus am Kurzen Buckel gehören zum Repertoire. Als besonders offensichtliche seien hier nur der Vortrag mit dem verurteilten Rechtsterroristen Erhard Hartung im Mai 2004, bei dem terroristische Aktionen österreichischer Burschenschafter für den Anschluss Südtirols an Österreich abgefeiert wurden und die für 19. Juli diesen Jahres geplante Veranstaltung zum Thema „Deutschland in der Globalisierungsfalle?!“ genannt. Letztere, bei der vier einschlägig bekannte rechtsextreme Autoren als Referenten eingeladen waren, musste allerdings aufgrund antifaschistischer Proteste abgesagt werden.
Das Genannte legt den Schluss nahe, dass die Rede des Ersten Bürgermeisters Raban von der Mahlsburg (CDU) auf dem „Ehrenfriedhof“ im Jahr 2002 so ganz nach dem Geschmack der rechtsextremen „Normannen“ gewesen sein dürfte. Von der Mahlsburg verkündete dort (auch im Namen der sozialdemokratischen Oberbürgermeisterin Beate Weber), nachdem er der gefallenen Wehrmachtssoldaten gedacht hatte: „Soldaten müssen weiter in Kriege ziehen, um Recht und Freiheit zu schützen.“ (Rhein-Neckar-Zeitung, 18.11.2002)
Hatten 2002 besonders ältere BesucherInnen der Gedenkveranstaltung protestierende AntifaschistInnen auf das Übelste beschimpft, verhielten sich die „alten Kameraden“ im vergangenen Jahr angesichts der zahlreichen Antifas etwas leiser. AIHD und VVN/BdA hatten zu einer Protestkundgebung aufgerufen, an der 100 AntifaschistInnen teilnahmen. Damit konnte die alljährlich praktizierte Verwischung des Unterschieds zwischen Tätern und Opfern empfindlich gestört werden.
Die scheinbar unpolitische Stoßrichtung, mit der in den vergangenen Jahren der „Opfer von Krieg und Gewalt“ gedacht wurde, zielte von Anfang an darauf, Täter und Opfer gleichzustellen. Wer die Akteure des Vernichtungskrieges mit den Ermordeten als gemeinsame Opfer eines anonymen Molochs darstellt, betreibt Geschichtsklitterung und verhöhnt die tatsächlichen Opfer des deutschen Massenmordes.

Schluss mit den „Heldengedenken“ am Ehrenfriedhof und überall!
Deutsche Täter sind keine Opfer!
Gegen Faschisten aller Couleur!
 

AIHD, 14.11.2004