Aufruf zur Demonstration gegen das Berufsverbot am 25.03.2006

Seit Mitte Dezember 2003 ist bekannt, dass gegen den Realschullehrer Michael Csaszkóczy, der in der Antifaschistischen Initiative Heidelberg (AIHD) aktiv ist, ein Berufsverbotsverfahren läuft. In einem Brief des Oberschulamtes Karlsruhe wurde ihm mitgeteilt, dass Erkenntnisse des Verfassungsschutzes Zweifel an seiner Bereitschaft aufkommen ließen, jederzeit für die „freiheitliche, demokratische Grundordnung“ einzutreten. Die für 1. Februar 2004 vorgesehene Übernahme in den Schuldienst wurde ausgesetzt, und bei einem „vertieften Einstellungsgespräch“ am 21. April 2004 wurde deutlich, dass die Entscheidung des Oberschulamts im Grunde bereits gefallen ist, wobei in erster Linie die von Michael nicht dementierte Zugehörigkeit zur AIHD ausschlaggebend war. Nachdem ihm zunächst nur das Land Baden-Württemberg die Einstellung als Lehrer verweigerte und das Berufsverbot somit offiziell machte, zog im Jahr 2005 auch Hessen nach, wo Michael schon eine schriftliche Einstellungszusage für die Übernahme in das Beamtenverhältnis auf Probe vom staatlichen Schulamt erhalten hatte. Die Argumentation lehnte sich hierbei an die des baden-württembergischen Kultusministeriums an, und auch der Verfassungsschutz, der Michael zwölf Jahre lang überwachte, argumentierte in seinem Jahresbericht 2004 nach dem selben Muster.
Der Ursprung der Berufsverbote liegt im 1972 eingeführten „Radikalenerlass“, mit dessen Hilfe politisch aktive Menschen aus dem öffentlichen Dienst ferngehalten und Gleichgesinnte eingeschüchtert werden sollten. Ab Mitte der 80er Jahre wurde dieses Repressionsinstrument nicht mehr in dieser Form angewendet, ohne dass jedoch die gesetzlichen Grundlagen der Bundesländer gestrichen wurden; so sind sie auch im „Landesbeamtengesetz Baden-Württemberg“ weiterhin verankert – und zwar in einer Form, die weitgehend aus dem NS-Gesetz „zur Wiederherstellung des Berufsbeamtentums“ vom 7. April 1933 übernommen wurde. Darin wurde beschlossen, dass Beamte auch dann entlassen werden können, „wenn die nach vorliegendem Recht hierfür erforderlichen Voraussetzungen nicht vorliegen.“ Des Weiteren regelte es, dass „Beamte, die nach ihrer bisherigen politischen Betätigung nicht die Gewähr dafür bieten, dass sie jederzeit rückhaltlos für den nationalen Staat eintreten, [...] aus dem Dienst entlassen werden [können].“ Die hier allzu offensichtlich erkennbaren Kontinuitäten zum aktuellen Berufsverbotsverfahren verwundern kaum, wenn man bedenkt, dass es von Zöglingen des früheren NS-Marinerichters Filbinger (heute CDU) initiiert wurde. Der ehemalige baden-württembergische Ministerpräsident wird von seiner Partei „wegen seiner besonderen Verdienste“ trotz seiner Vergangenheit als Ehrenvorsitzender gehalten. Und so muss mit umso größerer Entschiedenheit gegen dieses Verfahren vorgegangen werden, mit dem ein Antifaschist von eben jenem schwarz-braunen Milieu überzogen wird.
Die Praxis der Berufsverbote unterscheidet sich grundlegend von anderen staatlichen Repressionsmaßnahmen gegenüber systemkritischen AktivistInnen. Während bei anderen Formen politischer Verfolgung in der Bundesrepublik den Betroffenen ein konkreter Verstoß gegen Gesetze „nachgewiesen“ werden muss, kommt bei den auf dem „Radikalenerlass“ basierenden Verfahren ausschließlich die Zugehörigkeit zu einer politisch unliebsamen Gruppe zum Tragen. Damit werden die politische Meinung und das daraus resultierende persönliche Engagement an sich kriminalisiert, was die inoffizielle (Wieder-)Einführung des „Gesinnungsverbrechens“, wie es aus dem Nationalsozialismus bekannt ist, bedeutet. Eine weitere Besonderheit der Berufsverbote ist ihr vollständiges Losgelöstsein von den staatlichen Strafverfolgungsbehörden, indem an Stelle eines Gerichts das Oberschulamt das Urteil fällt. Grundlegende Informationen zu den einzelnen Fällen kommen vom Innenministerium und dem diesem zuarbeitenden Landesamt für Verfassungsschutz, das dadurch den Status einer Ermittlungsbehörde erhält. De facto bedeutet das die Abkehr von der generellen Unschuldsvermutung, da hier eine Umkehr der Beweislast stattfindet: Die staatlichen Behörden müssen dem Betroffenen kein konkretes Vergehen nachweisen, sondern es liegt an ihm selbst, seine Verfassungstreue unter Beweis zu stellen.
Genau aus diesen Gründen ist Solidarität an dieser Stelle mehr denn je gefragt, nämlich genau deshalb, weil der staatliche Repressionsapparat einen Einzelnen stellvertretend für alle anderen herausgreift und ihn konkret in seiner Existenzgrundlage bedroht.

Deshalb rufen wir zur Demonstration gegen das Berufsverbot gegen Michael Csaszkóczy am 25. März 2006 in Karlsruhe auf!
Gegen Polizei- und Überwachungsstaat!
Geheimdienste abschaffen!
Weg mit dem Berufsverbot gegen Michael Csaszkóczy!

Antifaschistische Initiative Heidelberg (AIHD), Januar 2006