Kampf dem patriarchalen Kapitalismus!
Antifaschistisches Straßenfest am 30. April 2010
 

Warum gerade der 30. April?
Jedes Jahr zogen am 30. April Heidelberger Burschenschaften mit Fackeln und Degen durch die Heidelberger Altstadt, um gegen Mitternacht auf dem Marktplatz den Mai mit allerlei „volkstümlichem Liedgut“ zu begrüßen. Hierbei stand auch immer das Absingen des „Deutschlandliedes“ in allen drei Strophen auf dem Programm. Pöbeleien, Angriffe auf Andersdenkende und rassistische Übergriffe gehörten ebenso zu diesem Abend wie Besuche aus der organisierten Neonaziszene. Dagegen formierte sich seit den 1980er Jahren ein erfolgreicher antifaschistischer Widerstand, dem es 1997 erstmals gelang, die grölenden Korporierten vom Marktplatz fern zu halten.
Seither wird versucht, den frei gewordenen öffentlichen Raum mit linken emanzipatorischen Inhalten zu füllen. Deshalb findet seit 1998 jedes Jahr am 30. April das Antifaschistische Straßenfest mit Infoständen linker Gruppen, Redebeiträgen und Live-Musik auf dem Universitätsplatz statt.

Die patriarchale Ausbeutung angreifen!
Als Vorabend zum 1. Mai, dem Internationalen ArbeiterInnenkampftag, stehen in diesem Jahr beim Antifaschistischen Straßenfest die kapitalistischen Ausbeutungszusammenhänge im Fokus, von denen Frauen in besonderem Maße betroffen sind. Vordergründig erscheint es vielfach als Erfolg der Frauenbewegung, dass weibliche Lohnarbeit und die damit erfolgende finanzielle Selbstständigkeit inzwischen zum Standard gehören und dass viele Arbeitsbereiche nun auch Frauen offen stehen. Gerade in Zeiten eines gesunkenen Bewusstseins für patriarchale Strukturen wird dabei oft übersehen, dass sich die gesellschaftlichen Zwänge tatsächlich nur gewandelt haben und das System sich den aktuellen kapitalistischen Erfordernissen angepasst hat.
Frauen trifft die kapitalistische Verwertungs- und Ausbeutungslogik in noch weit extremerem Maße: sie sehen sich weiterhin mit nur geringen Aufstiegschancen und niedrigen Löhne konfrontiert, und ein Großteil der prekären Arbeitenden ist weiblich. Während sie in Schulen und Universitäten im Schnitt bessere Abschlüsse erzielen als Männer, ist die Wahrscheinlichkeit, danach einen gut bezahlten Job zu bekommen, weitaus geringer. Auch jenseits bestimmter Männerdomänen, in denen Frauen ohnehin kaum Einstellungschancen haben, sind die gut bezahlten Spitzenpositionen für Männer reserviert, während die weibliche Karriereleiter im Mittelfeld endet. Klassische „Frauenberufe“, z. B. im sozialen und erzieherischen Bereich, sind so schlecht bezahlt, dass sie eher als Zuverdienst zu werten sind und nicht zulassen, nichtverdienende Angehörige wie z. B. Kinder mitzuversorgen. Die inzwischen wieder gewachsene gesellschaftliche Erwartung der Mutterrolle verstärkt auch den ökonomischen Druck, da mögliche Schwangerschaften als Störungen der Betriebsabläufe wahrgenommen werden und Männer auch aus diesem Grund bei der Einstellung und Beförderung bevorzugt werden.
Dabei wächst die gesellschaftliche Erwartung, die „perfekte Mutter“ zu sein, die ständig für die Kinder zur Verfügung steht und diese umfassend fördert, und zugleich beruflichen Erfolg zu haben. Obwohl eine Kombination dieser Aufgaben an sich unmöglich ist, ohne zur reinen Arbeitsmaschine zu werden, sind bestimmte an sich selbstverständliche Arbeitserleichterungen noch immer nicht anerkannt: die frühzeitige Organisierung eines Krippenplatzes für Kleinkinder wird oftmals als Zeichen einer „Rabenmutter“ stigmatisiert, die Durchsetzung einer Arbeitsteilung im Haushalt wird einer Schwäche des Mannes oder einer Unfähigkeit der Frau zugeschrieben.
Durch die Unmöglichkeit, diese Doppelbelastung erfolgreich umzusetzen, stellen Kinder ein zusätzliches Armutsrisiko dar, das wieder hauptsächlich auf Frauen lastet, insbesondere auf allein erziehenden Müttern.

1. Mai – Internationaler ArbeiterInnenkampftag
Bei der Kritik an dieser sexistischen Ausbeutung geht es uns aber nicht um kosmetische Veränderungen wie minimale Lohnerhöhungen oder ein paar zusätzliche Krippenplätze. Unser Kampf gilt der gesamten kapitalistischen Verwertungslogik und der patriarchalen Unterdrückung in all ihren Erscheinungsformen. Indem wir beim Antifaschistischen Straßenfest den Kampf gegen patriarchalen Kapitalismus in den Mittelpunkt stellen, wollen wir einen Auftakt zu den revolutionären Demonstrationen am 1. Mai bilden, wie sie beispielsweise in Karlsruhe, Stuttgart und Nürnberg stattfinden.
Doch zuerst wollen wir am 30. April bei Redebeiträgen, AgitProp-Theater und Live-Musik wieder einmal unser langjähriges Motto umsetzen:

Zusammen kämpfen – zusammen feiern!
Gemeinsam gegen Kapitalismus und Patriarchat!
 

AIHD im April 2010