PRESSEMITTEILUNG

Innenminister Heribert Rech liefert groteske ‚Begründung’ für Spitzeleinsätze und vertuscht weiterhin das Ausmaß der Affäre
 

Als Antwort auf  Anfragen der Landtagsfraktionen von SPD und Grünen hat Innenminister Heribert Rech eine absurde Erklärung für den Einsatz des LKA-Spitzels Simon Bromma geliefert, der mit falscher Identität versehen ein Jahr lang die linke Szene Heidelbergs ausspioniert hatte:

Anlass für den auf mehrere Jahre angelegten Einsatz des Undercover-Ermittlers sei eine Demonstration im Herbst 2009 in Sinsheim im Kraichgau gewesen, bei der dazu aufgerufen worden sei, „den Nazis mit allen Mitteln entgegenzutreten“. Es handelt sich dabei allerdings um eine Bündnisdemonstration vom 19.09.2009, an deren Organisation sich Gewerkschaften, Linkspartei, die Grünen und die SPD beteiligt hatten und die völlig ohne Zwischenfälle verlief. Der Innenminister bezeichnet die Vorbereitung dieser Bündnisdemonstration als „Kontakte zwischen mehreren Führungspersonen der antifaschistischen und anarchistischen Szene“. Bei einer dieser angeblichen „Führungspersonen“ - so behauptet der Innenminister - seien anlässlich einer Hausdurchsuchung „sieben gebrauchsfertige Brandsätze“ sichergestellt worden.
Die erwähnte Hausdurchsuchung fand bei einer jugendlich-subkulturell geprägten Wohngemeinschaft in einem kleinen, mehr als 50 Kilometer von Heidelberg entfernten Ort im Kraichgau statt und richtete sich gegen einen vermuteten Verstoß gegen das Betäubungsmittelgesetz. Im Keller wurden sieben mit brennbarer Flüssigkeit gefüllte Glasflaschen gefunden, die laut Polizeidirektion zum Einsatz als Molotowcocktails geeignet gewesen seien. Verurteilt wurde wegen dieser angeblichen Brandsätze bisher niemand.

Diese Hausdurchsuchung im Kraichgau als Begründung für eine langfristige Ausforschung durch Undercover-PolizistInnen zu benutzen, ist in vielfacher Hinsicht grotesk: Die Betroffenen sind in keiner Weise in die linke Szene Heidelbergs eingebunden. Ob überhaupt eine Straftat vorgelegen haben könnte, ist völlig ungeklärt. Die Polizei besitzt keinerlei Erkenntnisse über solche Vorfälle im Umfeld von Heidelberg. Erst recht ist eine Nähe der bespitzelten Gruppen (studentische Arbeitskreise, BUND, Anti-Castor-Gruppen etc.) zu solchen angeblichen Straftaten völlig aus der Luft gegriffen. Vor allem aber: der Einsatz der Verdeckten ErmittlerInnen in Heidelberg war schon lange vor diesen Vorfällen geplant und vorbereitet worden. Offensichtlich hatten LKA und Polizeidirektion nur auf einen Vorwand gewartet, der ihnen im Zweifelsfall eine – wenn auch brüchige – Begründung für den Einsatz liefern könnte.

Weiterhin versucht das Innenministerium, die Öffentlichkeit über das tatsächliche Ausmaß der Spitzelaffäre zu täuschen. Zu der Existenz der zwei weiteren ErmittlerInnen des LKA in Heidelberg, die die AIHD vor kurzem enthüllt hatte, schweigt Rech weiterhin – angeblich „um das polizeiliche Einsatzziel von verdeckten Maßnahmen nicht zu gefährden und den Schutz von verdeckten Ermittlern zu gewährleisten“ – und räumt damit implizit die Existenz dieser ErmittlerInnen ein. Tatsächlich scheint die Vertuschung der von ihm verantworteten Polizeiskandale dem Innenminister sehr viel wichtiger zu sein als der Schutz seiner BeamtInnen.

Die AIHD fordert weiterhin die Offenlegung sämtlicher Spitzeleinsätze gegen politisch missliebige linke Gruppen sowie Offenlegung und sofortigen Abzug sämtlicher verdeckter ErmittlerInnen. FaschistInnen mit allen geeigneten Mitteln entgegenzutreten ist kein Verbrechen, sondern eine schlichte Notwendigkeit.
 

Antifaschistische Initiative Heidelberg (AIHD), 16.02.2011