Heidelberg, den 28.10.2011

Pressemitteilung der AIHD zum Heidelberger Spitzelskandal:
Grün-rote Regierung deckt Machenschaften der baden-württembergischen Polizei
 

Die Antwort auf eine erneute parlamentarische Anfrage zum Heidelberger Spitzelskandal offenbart, dass auch die neue grün-rote Regierung alles tut, um die Umstände des Spionageeinsatzes gegen linke Gruppen zu vertuschen. Das Innenministerium unter Reinhold Gall weigert sich beharrlich, Auskunft zu geben über Art und Umfang des Spitzeleinsatzes, insbesondere über das Ausmaß der Bespitzelung und den Einsatz weiterer Verdeckter ErmittlerInnen. Dennoch lässt der innenpolitische Sprecher der Grünen, Uli Sckerl, verlauten, er betrachte „die wesentlichen Fragen als geklärt“.

Am 12.12.2010 war in Heidelberg von linken AktivistInnen der LKA-Spitzel Simon Bromma enttarnt worden, der unter dem falschen Namen ‚Simon Brenner’ unter absurden Vorwänden fast ein Jahr lang die gesamte außerparlamentarische Linke in Heidelberg ausspioniert und infiltriert hatte. Der Einsatz richtete sich erkennbar nicht gegen irgendwelche imaginären Straftaten, sondern es ging ganz allgemein um die Ausforschung und Kriminalisierung einer missliebigen politischen Szene. Im Wahlkampf und kurz nach dem Regierungsantritt hatten SPD und Grüne eine umfassende Aufklärung des Skandals versprochen, von der unter SPD-Innenminister Reinhold Gall bald darauf schon keine Rede mehr war.

Am 27.09.2011 griff der innenpolitische Sprecher der Grünen schließlich zu einem Instrument, das eigentlich der Opposition vorbehalten ist: In einer Kleinen Anfrage verlangte er vom Innenministerium Auskunft über Art und Umfang der erhobenen Daten und über die Frage, ob weitere Verdeckte ErmittlerInnen gegen die linke Szene im Einsatz waren.
Das Innenministerium beantwortet nun einen Teil der Fragen mit dem Verweis auf „notwendige Geheimhaltung“ überhaupt nicht, die übrigen lediglich mit juristischen Floskeln. Die einzige klare Auskunft, die sich in dem Schreiben findet, bezieht sich auf die Frage, ob der Spionageeinsatz, der juristisch nur mit dem Verdacht auf „Straftaten mit erheblicher Bedeutung“ begründet werden kann, zu Verurteilungen geführt habe: Die lapidare Antwort lautet: „Nein“. Nicht einmal, um welche Straftaten es sich gehandelt haben soll, erfährt die Öffentlichkeit.
Eine unbekannte Zahl von Bespitzelungsopfern, deren Daten laut Auskunft des Innenministeriums zwischenzeitlich angeblich gelöscht wurden, soll niemals etwas über ihre Ausspionierung erfahren.

Vor allem aber verweigert das Innenministerium jede Auskunft zu den beiden weiteren Spitzeln, deren Existenz die AIHD am 04.02.2011 öffentlich gemacht und die Uli Sckerl noch am 02.06.2011 in einem Radiointerview bestätigt hatte. Dass Sckerl - nunmehr als Vertreter einer Regierungspartei - die Angelegenheit für erledigt erklärt, ist nicht nur in höchstem Maße zynisch gegenüber den Betroffenen. Es dokumentiert auch, dass linke Oppositionelle auch unter grün-roter Regierung damit rechnen müssen, wegen missliebiger Positionen polizeilicher Bespitzelung ausgesetzt zu sein. Das Grundrecht auf Informationsfreiheit bleibt auch unter grün-roter Regierung Makulatur.

Die Antifaschistische Initiative Heidelberg, die zu den hauptsächlichen Zielobjekten des LKA-Spitzels Bromma zählt, wird nicht zulassen, dass nach dem Heidelberger Spitzelskandal zur Tagesordnung übergegangen wird. Wir verlangen weiterhin die umfassende Aufklärung und Offenlegung aller Spitzeleinsätze gegen die außerparlamentarische Opposition und die vollständige Information aller Betroffenen.
 

Antifaschistische Initiative Heidelberg (AIHD), 28.10.2011