Rede der AIHD auf der Demo gegen Überwachung in Heidelberg
Schluss mit der Bespitzelung und Kriminalisierung unbequemer linker Opposition!
Zu Beginn des Jahres 2011 –
es war gerade Wahlkampf – versprachen die Grünen umfassende Aufklärung in der
Spitzelaffäre. Die Vorkommnisse müssten lückenlos aufgeklärt, die
Öffentlichkeit und vor allem die Betroffenen umfassend informiert und die
Verantwortlichen zur Rechenschaft gezogen werden. Vor allem aber müsse
gewährleistet werden, dass sich dergleichen niemals wiederhole.
Vor allem der
innenpolitische Sprecher Uli Sckerl beteuerte noch nach der Wahl, dass er
darauf sein Wort gebe und legte diverse Hände für den neuen SPD-Innenminister
Reinhold Gall ins Feuer. Was von Herrn Sckerls Ehrenwort und Herrn Galls
Haltung zu Bürgerrechten zu halten ist, können wir heute, ein Jahr nach der
Enttarnung des Polizeiagenten Bromma überprüfen:
Eine Aufklärung des Vorgangs
– so das Innenministerium – sei in weiten Teilen nicht mehr möglich, weil die
Daten der Betroffenen angeblich gelöscht worden seien – selbstverständlich ohne
diese vorher davon zu informieren. Die grün-rote Regierung tritt damit das
Recht auf Informationsfreiheit mit Füßen, das immerhin ein Grundrecht ist und
das in allen Verlautbarungen der neuen Regierung einen besonderen Stellenwert
genießt – allerdings nur in den Verlautbarungen. Es ist unser verdammtes Recht,
zu erfahren, was die sammelwütige Datenkrake, die sich Staat nennt, über uns
gespeichert hat. Natürlich müssen diese Daten, nachdem wir sie eingesehen
haben, gelöscht werden. Aber nicht als Vernichtung von Beweismitteln, um die
kriminellen Machenschaften der Behörden zu vertuschen, sondern um ein
offensichtliches Unrecht und eine groteske Staatswillkür zu beenden.
Wie weit es mit der
Aufklärung her ist, zeigt die Sperrerklärung, die die Heidelberger Polizei für
alle maßgeblichen Akten beantragt hat und die mittlerweile von
SPD-Innenminister Gall abgesegnet wurde. Unter dem Label obskurer „Geheimhaltungsinteressen“
der Polizeistrukturen soll selbst den Gerichten untersagt werden, den Vorgang
im Zuge eines Verwaltungsgerichtsverfahrens zu überprüfen.
Eigentlich müsste es aber
genau darum gehen: Die mafiösen Polizeistrukturen, die zu diesem Spitzelskandal
geführt haben, müssten untersucht und öffentlich gemacht werden. Wenn die
Vorgänge um den Polizeispitzel Bromma etwas gezeigt haben, dann dies: Die
Polizeibehörden sind es, die effektiver kontrolliert werden müssen, nicht
irgendwelche linken Gruppen.
Genau das aber will die
grün-rote Regierung nicht: Die Daten von 11 Personen seien im Zuge
strafrechtlicher Ermittlungen weiterhin gespeichert, lässt Polizeiminister Gall
wissen. Um welche angeblichen fürchterlichen „Straftaten“ es dabei gehen soll, benennt
er nicht. Natürlich nicht: denn dass diese angeblichen „Straftaten“ nichts als
ein Vorwand sind, ist mittlerweile ebenso offensichtlich wie die
Rechtswidrigkeit des Spitzeleinsatzes. Die neue Regierung erklärt also ganz
offen, diese rechtswidrig erlangten Daten zur Kriminalisierung missliebiger
politischer Opposition weiterverwenden zu wollen.
Das Ungeheuerlichste an den
Äußerungen der grün-roten Regierung ist aber eine Drohung, die nicht die
Vergangenheit der CDU-Regierung betrifft, sondern die grün-rote Gegenwart und
Zukunft: Über eventuelle weitere Verdeckte ErmittlerInnen gegen die linke Szene
werde man – so Gall – keine Angaben machen, um eben diese Verdeckten
ErmittlerInnen und die Geheimhaltungsinteressen der Polizei nicht zu gefährden.
Die einzig vertretbare Antwort hätte lauten müssen: „Sämtliche verdeckte
Ermittlungen gegen die außerparlamentarische Linke werden eingestellt und
unterbleiben auch in Zukunft, weil es für sie keinerlei Anlass gibt!“
Stattdessen behält sich die
Regierung unter dem grünen Ministerpräsidenten Kretschmann vor, missliebige
Gruppen weiterhin zu bespitzeln und auszuforschen. Die Botschaft ist klar: Wer
sich politisch links engagiert, muss auch in Zukunft damit rechnen,
ausspioniert und kriminalisiert zu werden. Die Politik der Einschüchterung und
Bedrohung geht also weiter. Wir können den Damen und Herren der grün-roten
Regierung versichern: Auch unser Widerstand gegen ihre Grundrechtsverletzungen
wird weitergehen! Wir haben keinerlei Anlass, auf diese neue Regierung mit
ihrer alten Politik zu vertrauen!
Was jetzt ansteht, ist die
Auflösung der Staatsschutzbehörden und des Inlandsgeheimdienstes, der sich
irreführenderweise Verfassungsschutz nennt. Nicht erst seit den neuerlichen
Skandalen um die Deckung und Förderung der nationalsozialistischen Terrorzelle
durch Staatsbehörden ist klar, wie eng die Verflechtung des Verfassungsschutzes
mit der braunen Szene ist. Schon das letzte NPD-Verbotsverfahren war
gescheitert, weil die Richter sich außerstande sahen, zu beurteilen, wer echter
Nazi, wer echter Verfassungsschützer und wer beides aus Überzeugung ist.
Wir fordern:
Schluss mit der
Bespitzelung und Kriminalisierung unbequemer linker Opposition!
Offenlegung und
Aufarbeitung der vergangenen Spitzelaffären!
Den Verfassungsschutz in
die Tonne treten!