Nazis morden, der Staat schiebt ab - das ist das gleiche Rassistenpack!

Gegen staatlichen Rassismus und faschistischen Terror!
 
 

Prozess gegen die rassistischen Brandstifter von Ludwigshafen

Transparentaktion beim Prozessauftakt vor dem Frankenthaler LandgerichtAm 15.August 2000 haben die vier Neonazis Steffen Schwarm, Andreas Wiegand, Christian Seibert. und Michael Vendrich drei Brandsätze auf das Flüchtlingswohnheim in Ludwigshafen-Oppau geworfen. Dabei wurden mehrere Menschen schwer verletzt. Kurze Zeit beherrschte das Thema "Brandanschlag in Ludwigshafen" die Medienlandschaft der Region und der gesamten BRD.
Am 30. Oktober 2000 beginnt der Prozess wegen des rassistischen Brandanschlages gegen die faschistischen Mordbrenner aus der Pfalz.
Schnell soll den Nazis der Prozess gemacht werden. Die vier Geständigen haben durch ihre Aussagen dafür gesorgt, dass es ein "kurzer Prozess" wird. Die veranschlagten drei Prozesstage werden voraussichtlich nicht benötigt.
Ganz im Sinne derer, die angesichts der jüngsten mörderischen und verhetzenden Aktivitäten der Nazi-Szene um das Ansehen Deutschlands in der Welt (der Wirtschaft) fürchten und härtere Gesetze und "beschleunigte Verfahren für rechte Gewalttäter" fordern.

Seit Sommer 2000 gibt’s hier wieder Nazis?

Das so genannte Sommerloch ist inzwischen vorbei, und die PolitikerInnen, JournalistInnen und sonstige Gelegenheitsbetroffene sind - sehen wir mal ab von der Debatte um ein Verbot der faschistischen Nationaldemokratischen Partei Deutschlands (NPD) - inzwischen wieder etwas leiser geworden.
Es ist jedoch nicht vorbei, und es hat schon vor dem Sommer 2000 angefangen. Angriffe auf Flüchtlinge, Obdachlose und Andersdenkende gehören zur deutschen Realität.
Seit der Wiedervereinigung 1990 haben mittlerweile über 120 Menschen durch faschistische Gewalt ihr Leben verloren. Fast jedes Wochenende findet in der BRD ein Nazi-Aufmarsch, Fascho-Treffen oder Skinhead-Konzert statt. Fast jeden Tag wird in Deutschland ein Mensch aufgrund seiner Meinung, wegen seiner Hautfarbe oder seines Aussehens von faschistischen Straßenschlägern angegriffen.

Sommerloch vorbei – die Nazis sind weg?

Dass es nicht vorbei ist, haben die Anschläge auf Synagogen, Gedenkstätten und jüdische Friedhöfe in Düsseldorf, Berlin, Buchenwald und Schwäbisch Hall in der ersten Oktoberwoche verdeutlicht. Verdeutlicht haben diese auch, dass der so genannte Verfolgungsdruck des bundesrepublikanischen Repressionsapparates wohl nicht die gewünschte Wirkung zeigt. Auch die "Drohung" mit dem Verbot der NPD kann als bloße Propaganda bezeichnet werden. Nicht die NPD ist für Rassismus und Faschismus in der BRD verantwortlich. Die NPD existiert, weil es hier in Deutschland RassistInnen und FaschistInnen gibt.

Wer steht auf? Antifa statt Verbote!

PolitikerInnen aller Parteien rufen nach der "wehrhaften Demokratie", nach der Polizei und dem "starken Staat", JournalistInnen sind entsetzt angesichts der angeblich "neuen Qualität" faschistischer Gewalt, und Kanzler Schröder fordert als Reaktion auf den Anschlag auf die Düsseldorfer Synagoge in der Nacht zum "Tag der Deutschen Einheit" einen "Aufstand der Anständigen".
Wen meint er mit den Anständigen? Die ProtagonistInnen dieses Staates? PolitikerInnen, Justiz, Polizei, die LichterkettenbürgerInnen von Anfang der 90er Jahre, sich selbst, seine Regierung, seine Partei oder wen?
AntifaschistInnen und Linke zählen er und seine sozialdemokratischen und grünen FreundInnen offensichtlich nicht zu den "Anständigen". Der rot-grüne Staat geht, über seine Exekutivorgane, ebenso unerbittlich gegen die vor, die konsequent und adäquat auf die faschistischen Attacken reagieren bzw. gegen die, die erkannt haben, dass Antifaschismus auch mal Angriff heißen muss.

Staat und Nazis Hand in Hand ...

Anständig sind aber bestimmt nicht jene, die den FaschistInnen Wasser auf die Mühlen leiten, wie "Law and Order"-Schily, der seinem Amtsvorgänger Manfred Kanther (CDU) in Sachen rassistischer Abschiebepraxis und Abschottung Europas nach Osten und Süden in nichts nachsteht. Die Nazis haben die regierungspolitische Botschaft des SPD-Innenministers von der erreichten "Belastungsgrenze" der BRD gut verstanden. Sie setzen im Innern das in die Tat um, für was der Bundesgrenzschutz (BGS) vor allem an den Grenzen zu Polen und Tschechien zuständig ist: Die Flüchtlinge und MigrantInnen, die an der Grenze von den staatlichen Organen nicht aufgehalten werden oder die beim Versuch des Grenzübertritts umkommen oder ermordet werden, werden im Innern unter anderem mit der so genannten Residenzpflicht schikaniert. Das heißt, Flüchtlinge, deren Asylverfahren noch bearbeitet wird, dürfen den Landkreis, in dem sie gemeldet sind, nicht ohne behördliche Genehmigung verlassen. Wer seine Resindezpflicht mehrfach verletzt, "beeinträchtigt die öffentliche Sicherheit und Ordnung in der Bundesrepublik maßgeblich", so das Behördendeutsch. Mehrfache Verstöße sollen gar zur Ausweisung führen. Eine Besonderheit der rassistischen deutschen Asylpolitik, die sogar gegen internationales Recht verstößt.
Zusätzlich zu all diesen staatlichen Abschottungs- und Schikaneinstrumentarien werden die hier lebenden Flüchtlinge zur Zielscheibe faschistischer GewalttäterInnen, die ihre ideologischen Grundlagen nicht nur von Organisationen wie der NPD oder anderen Nazi-Gruppierungen geliefert bekommen.

Antifa statt Lichterketten

Bei all den Betroffenheitsfloskeln und Heucheleien in Fernsehen, Radio, Zeitungen und unzähligen LeserInnenbriefen gilt es, zwischen den Zeilen zu lesen und den Zweck des plötzlichen Engagements gegen Rechts zu erkennen: PolitikerInnen von Regierung und Opposition wollen ablenken von ihrer eigenen Abschiebepolitik, ihrer rassistischen Asylgesetzgebung, ihrer menschenverachtenden Flüchtlingspolitik. Das wiederum dient dazu, sich auf die Seite der "Guten", der "Anständigen" zu stellen – mit einem Anstand, den sie vorher sogar noch selbst definieren dürfen.
Ein "Aufstand der Anständigen" bringt überhaupt nichts, wenn die so genannten Anständigen die FunktionsträgerInnen und HelfershelferInnen eines rassistischen, nationalistischen Polizei- und Abschiebungsstaates sind.

Was tun wir heute?

Es braucht keine härteren Gesetzte, keine beschleunigten Verfahren gegen rechte GewalttäterInnen, keine Polizei, keine Lippenbekenntnisse, kein Betroffenheitsgefasel und auch keine Lichterketten.
Es braucht entschlossenen Widerstand und Aktionen gegen FaschistInnen und das rassistische System der BRD.
Unsere Mittel gegen rassistische Politik und faschistischen Terror sind permanente Aufklärung über Nazi-Strukturen und staatlichen Rassismus, antifaschistische Selbsthilfe, Aktionen gegen faschistische Strukturen, Verdrängung von FaschistInnen aus dem öffentlichen Raum und selbstbestimmte, link(sradikal)e Kultur und Politik.

Kampf dem Faschismus auf allen Ebenen – mit allen Mitteln!
Antifaschismus muss praktisch werden ...
Für solidarisches Miteinander statt rassistischer Ausgrenzung!
 

Heidelberg, Oktober 2000