Das Wahnsystem: Von Wurzelrassen, Erzengeln & Volksgeistern

Kritik des autoritären Charakters der Waldorfpädagogik und der anthroposophischen
Variante der „Auschwitz-Leugnung“

Immer mehr Menschen wenden sich esoterischen Strömungen zu, wie zum Beispiel der Anthroposophie. Und das nicht ohne Grund, denn die Attraktivität der Esoterik beruht letztendlich auf der ökonomischen Krise, die der Mittelschicht Angst vor dem sozialen Abstieg und im liberalen Bürgertum eine Sinnkrise verursacht.

„... wir geben diese Negerromane den schwangeren Frauen zu lesen, da braucht gar nicht dafür gesorgt zu werden, dass Neger nach Europa kommen, damit Mulatten entstehen; da entsteht durch rein geistiges Lesen von Negerromanen eine ganze Anzahl von Kindern in Europa, die ganz grau sind, Mulattenhaar haben, die mulattenähnlich aussehen werden.“ (Rudolf Steiner)

Die Anthroposophie entstand um die Jahrhundertwende als Zweig der lebensreformerischen  Bewegung. Sie war ein Element der „völkischen Revolution“ (Mosse), die dazu beitrug, die Deutschen zu jenen willigen VollstreckerInnen zu formen, auf die sich der NS-Faschismus stützen konnte. Die Anthroposophie eignet sich ausgezeichnet, um die Logik der modernen Esoterik zu studieren, denn auf Grund ihrer großen Zahl von AnhängerInnen, ihrer sozialen Basis unter AkademikerInnen und ihrer 100jährigen Kontinuität liegt eine ausformulierte Weltanschauung vor, während z. B. im Kommerz-Sektor des New Age Vieles nur angedeutet ist. Außerdem ist die Anthroposophie eine der ältesten esoterischen Bewegungen, die in Deutschland rund 20.000 Mitglieder zählt und hier somit die größte und einflussreichste ist. Sie entstammt dem esoterisch-völkischen Sumpf der Jahrhundertwende und hat sich davon bis heute nicht gelöst. Wie viele andere völkische, faschistische und konservative Strömungen hat sie eine Antipathie gegen die „Ideen von 1789“, gegen Aufklärung, Liberalismus und Sozialismus. Die anthroposophische Idee beinhaltet das faschistische Konzept des Ethnopluralismus und die Anschauung, verschiedene Völker und Rassen hätten bestimmte Missionen zu erfüllen, wobei den Deutschen eine herausragende Rolle zugesprochen wird. Die Mission der Deutschen sei spirituell, heroisch und faustisch. Außerdem hätten die Deutschen ein ahnendes Wissen in sich, dass es der Geist ist, der die Welt durchwalte, ein wesenhafter,  göttlicher Geist, dem er Auge um Auge, Ich zu Ich gegenüberstehen kann.
Anthroposophische Vordenker stilisierten die Deutschen zu den eigentlichen Opfern der NS-Zeit, da laut ihrer Lehre nicht die Deutschen die TäterInnen waren, sondern AztekInnen, die reinkarniert als Deutsche auf die Welt zurückkamen und für die der Massenmord selbstverständlich war. Obwohl die AnthroposophInnen genau wissen, dass Deutsch-Sein Herrschaft, Verwertung und Vernichtung bedeutet und dass die Deutschen die Jüdinnen und Juden umgebracht haben, sprechen sie sie von jeglicher Schuld frei.
Rudolf Steiner ist der Begründer der Anthroposophie, die neben der Erkenntnistheorie und den Heilsversprechen, die Vorstellung über Karma und Reinkarnation und andere wirre Thesen auch die spezifische Rassenlehre und den Antisemitismus propagiert. Da Esoterik ideologisch in der Tradition der völkischen deutschen Romantik und der von Helena P. Blavatsky begründeten Theosophie steht, übernahm Steiner die Idee, dass die Deutschen besonders tiefschürfend und zur Spiritualität veranlagt seien und die Auffassung von den so genannten Wurzelrassen, wobei die 5. arische Rasse alle „am Geist schaffenden Weißen“ umfasst. Und demzufolge stellte Steiner seine Theorie auf, in welcher er IndianerInnen mit Affen auf eine Stufe stellt und sie als „dekadente Abzweigung“ von der Evolution zum blonden Arier bezeichnet. Weiter beschreibt er die AfrikanerInnen als vom Hinterhirn gesteuerte Triebwesen und „die Juden“ diffamiert er als „einseitig intellektuell erstarrt“ und beklagt ihren „zersetzenden Einfluss“ auf die Medizin und Kindergärten.

Denn es ist tatsächlich so, dass, je mehr die blonden Rassen aussterben, desto mehr auch die instinktive Weisheit der Menschen stirbt. Die Menschen werden dümmer.
(Rudolf Steiner)

Steiner verabscheut insbesondere so genannte niedere Instinkte, Leidenschaften und Triebe, also jede Form von sexueller Betätigung, die nicht der Fortpflanzung dient. So handle, laut Steiner, ein Mensch, der sich bloß von seinen sinnlichen Instinkten leiten lässt, wie ein Tier. Einer von Steiners frühesten Mitstreitern war Alexander v. Bernus (1880-1965) aus Heidelberg. Der Freiherr und ehemalige Dragonleutnant zählte vor dem Ersten Weltkrieg zur Kulturschickeria von München-Schwabing. Er hatte in München Philosophie und Medizin studiert und mixte später auf seinem Stammsitz Neuburg bei Heidelberg „Heilmittel“ auf astrologisch-alchimistischer Grundlage. 1916 gründete Bernus die anthroposophische Zeitschrift „Das Reich“, um die Heimatfront spirituell zu stärken, und schuf eine lyrische Version von Steiners Wurzelrassenlehre. Im Editorial schrieb Bernus, Deutschland stehe mitten im Kriege und an einer Zeitwende, die dem "germanischen Volkstum die Führerschaft im Gesamtbereiche der menschlichen Geisteskultur bringen wird“.
Nach dem Krieg propagierte der Adelige ein "Drittes Reich“ als Alternative zur Republik.

"In das Leben des Volkes greifen, besonders seit dem letzten Drittel des 19. Jahrhunderts ahrimanische und luziferische Wesenheiten verschiedener Art ein und inspirieren den Auftritt von Nationalsozialismus, Chauvinismus und Rassismus.“ (Amnon Reuveni)

Die Anthroposophie zielt auf eine „Zerstörung der Vernunft“ (Georg Lukács), da sie rationales Denken, selbst bestimmtes Handeln und den Gedanken an gesellschaftliche Veränderung verbanne - zu Gunsten der Vorstellung, das Leben sei von höheren Mächten schicksalhaft bestimmt.
Doch EsoterikerInnen, ganz allgemein, sind nicht einfach irgendwelche „SpinnerInnen“, die im Jesus-Look durch die Gegend schreiten, sondern Menschen wie zum Beispiel der Bundesinnenminister Schily (SPD) sowie der Europaabgeordnete Wolfgang Ullmann (Bündnis 90/ Die Grünen). Auch sie gehören den Anthroposophen an. Dass die Vernunft, vor allem in Deutschland, jetzt endgültig ihr Ende gefunden hat, zeigen, wie vieles andere auch, die lächerlichen und unverschämten Worte Schilys, welcher behauptet, dass eine Lehre die Engel, Dämonen, Volks- und Rassegeister für reale Wesen hält, rational und wissenschaftlich sei, sowie die Behauptung eines Waldorflehrers (Bernhard Schaub), dass es in Auschwitz gar keine Gaskammern gegeben habe. Der bekannteste Fall der braunen Elemente in der Anthroposophie ist wohl das von dem NS-Funktionär Haverbeck und anderen Nazis und Rassisten unterzeichnete Heidelberger Manifest, in welchem sie die Parole „Ausländer raus“ ökologisch zu begründen versuchen.
Doch Esoterik und Anthroposophie im Besonderen sind nicht einfach irgendwelche Bewegungen, die uns nicht betreffen würden, findet man doch recht zahlreiche Organisationen (wie z. B. Weleda, Demeter) und Einrichtungen wie Waldorfkindergärten und -Schulen, welche die anthroposophische Ideologie als Fundament haben. Walldorfschulen, auch wenn sie von vielen als die Ökovariante der antiautoritären Erziehung verstanden werden, sind Schulen, die auf einem strikt autoritären System aufgebaut sind. So wird den SchülerInnen beigebracht, dass Eltern und LehrerInnen als Autoritäten akzeptiert werden müssen. Diese autoritäre Pädagogik basiert nicht etwa auf physischer Gewaltanwendung, sondern auf intellektueller Manipulation, sozialer und ästhetischer Normierung, Moralisierung und (angedrohtem) Liebesentzug.
In Waldorfschulen hat die zentrale Figur der Klassenlehrer zu sein, der meist nur alle sieben Jahre wechselt, da er die Autoritätsperson sein soll. Er soll, laut Steiner, nicht mit seinen Schülern diskutieren, da diese das, was er sagt, akzeptieren müssen, weil die SchülerInnen über das Gesagte angeblich nicht urteilen können. So erinnert die „organische Gemeinschaft“, wie sie beschrieben wird, an die faschistische Volksgemeinschaftsideologie, denn in der Waldorfgemeinschaft „opfern“ demnach starke Individualitäten ihre persönliche Meinungen zugunsten einer gemeinsamen Idee, doch angeblich völlig freiwillig aus „Geisterkenntnis“ heraus.
So sind diejenigen LehrerInnen, die zu Waldorfpädagogen ausgebildet worden sind (nicht unbedingt die LehrerInnen, die von staatlichen Einrichtungen gekommen sind), oft davon überzeugt, dass die Lehre von Karma und Reinkarnation die Grundlage allen wahrhaften Erziehens sei und setzen die Karmalehre teilweise offen ein. Auf diese Art und Weise werden die Kinder in ein hölzernes Interpretationsschema gepresst. So lassen die anthroposophischen PädagogInnen ihre esoterische Lehre in den Lehrplan mit einfließen. So zum Beispiel ein Fall, in welchem die Geschichte von Marx und Engels den SchülerInnen als „reinkarnierte Feudalherren“ aufgetischt wurde. Deshalb gilt es auch, die Waldorfschulen zu kritisieren, die ihre SchülerInnen in ihr anthroposophisches Weltbild zwingen wollen.

Die weiße Rasse ist die am Geist schaffende Rasse.“
(Rudolf Steiner)

Das bürgerliche deutsche Subjekt, wissend um seine eigene Bedeutungslosigkeit, tendiert, besonders in Krisenzeiten, zu faschistischen Ideologien. Denn so können die Menschen durch die gegebene anthroposophische Weltsicht, die mit ihren rassistischen Elementen im Antisemitismus kulminiert, durch den Mythos vom arischen Übermenschen, die eigenen Minderwertigkeitskomplexe kompensieren. Und genau das ist es auch, was Esoterik gerade bei den Deutschen beliebt macht.

Doch hinter der sanften Fassade der Esoterik verbergen sich gezielte Verdummung, repressive Toleranz sowie rassistische, antisemitische und frauenfeindliche Ansichten.
 

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