Rede der AIHD auf der Demonstration gegen den US-Angriffskrieg in Afghanistan

Liebe Genossinnen und Genossen, Freundinnen und Freunde!

Heute vor einer Woche wollten in Heidelberg die neonazistischen "Jungen Nationaldemokraten" (JN) aufmarschieren. Diese Nazidemo konnte verhindert werden, indem sich nach einer Demonstration unter dem Motto "fight racism - smash right" fast 2000 Menschen vor dem Hauptbahnhof versammelten. Durch ihre entschlossene Präsenz zwangen die AntifaschistInnen die etwa 80 Nazis, ihren kläglichen Versuch einer Kundgebung zu beenden. Nachdem die Faschisten die Stadt verlassen hatten, begann ein brutaler und willkürlicher Polizeieinsatz gegen AntifaschistInnen, bei dem zahlreiche DemonstrantInnen verletzt oder festgenommen wurden.
Trotzdem kann dieser Tag als großer Erfolg für die antifaschistische Bewegung in Heidelberg gewertet werden.

Erstaunlich war allerdings, wie einige Medien die Ereignisse darstellten: demnach richtete sich der Demonstrationsversuch der Nazis gegen die Militäreinsätze der USA in Afghanistan.
Tatsächlich wenden sich Neonazis in letzter Zeit verstärkt Themen zu, bei denen politische Anknüpfungspunkte zu breiteren Bevölkerungsschichten gefunden werden können.
Dazu gehören auch die JN-Mottos vom vergangenen Samstag "Globalisierung stoppen" und "Stoppt die Weltpolizei USA". Aber auch wenn die Parolen der Neonazis zunächst Assoziationen mit dem vermeintlich linken Globalisierungsdiskurs hervorrufen, verbirgt sich dahinter ein einfaches rassistisches Muster.

So beschränkt sich der völkisch unterfütterte Antikapitalismus der Nazis auf eine plumpe Unterscheidung von Produktiv- und Finanzkapital. Der billig verbrämten Volksgemeinschaftsideologie wird dabei eine von außen kommende, nicht-deutsche Bedrohung in Gestalt der USA hinzugefügt. Diese werden dabei als Dreh- und Angelpunkt des sogenannten Neoliberalismus dargestellt, quasi als Kopf der - so NPD-Ideologe Horst Mahler – „mammonistischen Weltherrschaft". Mit dieser Verschwörungstheorie machen die Jungen Nationaldemokraten die Vereinigten Staaten verantwortlich für Arbeitslosigkeit, Lohnniveausenkungen sowie eine angebliche Zerstörung der deutschen Kultur. Indem auch noch über eine so genannte "jüdische Unterwanderung" der Vereinigten Staaten phantasiert wird, kann der Antisemitismus nicht übersehen werden, der hier unter dem fadenscheinigen Deckmantel einer platten Kapitalismuskritik in Erscheinung tritt. Darunter fällt auch die Unterscheidung von einem angeblich Werte schaffenden deutschen Investitionskapital und einem unproduktiven, auf Zinserträge fixierten Finanzkapital, das mit dem antisemitischen Bild des "raffenden Finanzjuden" assoziiert wird.

Lassen wir es nicht zu, dass Nazis ihre völkische Propaganda als "Protest gegen die herrschenden Zustände" deklarieren!
Lassen wir es nicht zu, dass Nazis versuchen, sich in die Nähe fortschrittlicher Bewegungen zu rücken!

Dem antiamerikanischen Antikapitalismus von rechts entgegentreten!
Antisemitismus bekämpfen!

Heidelberg, 03.11.2001