Gegen Überwachungsgesellschaft und Polizeistaat - Selbst verwaltete Räume erkämpfen

Unter dem Motto "Freiheit stirbt mit Sicherheit – Gegen Überwachungsgesellschaft und Polizeistaat" hat am Samstag den 22.Juni 2002 die Antifaschistische Initiative Heidelberg (AIHD) zu einer Demonstration aufgerufen. Laut Pressemitteilung der AIHD  richtete sich die Demo vorallem gegen Teilaspekte der sog. inneren Sicherheit, wie z.B. die Privatisierung des öffentlichen Raumes, die Videoüberwachung in Innenstädten und die Heidelberger Polizeiverordnung, aber auch gegen die restriktive rassistische Flüchtlingspolitik Deutschlands und der EU.
Die Demonstration startete gegen 15.00 Uhr vor dem Rathaus in Heidelbergs "idyllischer" Innenstadt. Über 200 Personen zogen mit Transparenten, einer Figur, die die "innere Sicherheit", die Überwachungsgesellschaft sowie den Polizeistaat verkörperte und mit Sprechchören wie "No nation, no border - Fight law and order" oder "Deutschland ist nur ein kranker Gedanke - keine Grenze, keine Schranke" die Heidelberger FußgängerInnenzone entlang. Auf den Kundgebungen am Uni- und Anatomieplatz wurden Redebeiträge zu verschiedenen Aspekten des deutschen und europäischen Sicherheitswahns gehalten. Das Autonome Zentrum (im Exil) wies in seinem Redebeitrag besonders auf die Verdrängung selbst verwalteter Räume aus den "sauberen Innenstädten" hin.
Darüberhinaus wurde das Anliegen der Demonstration auch in Form von kurzen Flugblättern, die an die PassantInnen verteilt wurden, deutlich gemacht (im Anschluss dokumentiert).
Die Abschlusskundgebung fand auf dem Bismarckplatz, der das Verkehrzentrum Heidelbergs bildet, statt, wo die Demonstration schließlich aufgelöst wurde.
Die gute Stimmung wollte nach offizieller Beendigung der Demo jedoch nicht abflauen und so zogen große Teile der TeilnehmerInnen los, um eine spontane Besetzungsparty in einem nahegelegenen, leerstehenden Gebäude zu feiern. Als die ersten Personen das seit Jahren ungenutzte Alte Hallenbad erreichten, kam es zu kurzen Auseinandersetzungen mit der leider auch schon anwesenden Polizei, bei denen ca. 10 Menschen festgesetzt wurden. Die Übrigen riefen Parolen wie "Für ein neues Autonomes Zentrum" und solidarisierten sich aktiv mit den Festgehaltenen. Die von Seiten der AZ-SympathisantInnen aufgenommen Verhandlungen mit der Polizei führten dazu, dass alle zehn Personen nach der üblichen erkennungsdienstlichen Behandlung frei gelassen wurden. Schließlich wurde von der herbeigerufenen Feuerwehr die Eingangstür des ehemaligen Schwimmbades vernagelt.
An diesem Tag versuchten die VeranstalterInnen und TeilnehmerInnen ein Zeichen gegen den Ausbau des Komplexes der "inneren Sicherheit" zu setzen. Leider wurde aufgrund des Polizeieinsatzes "Sicherheit und Ordnung" in Heidelberg wieder hergestellt ...
 

Dokumentation des an PassantInnen verteilten Flugis:

Wir demonstrieren heute in Heidelberg gegen das Konzept der "inneren Sicherheit" - weil wir nicht hinnehmen wollen, dass die Innenstädte von allen Menschen "gesäubert" werden, die keinen Profit versprechen.
- weil im Zuge einer angeblichen "Steigerung des Sicherheitsgefühls" die totale Erfassung der BürgerInnen und die Überwachung des öffentlichen Raumes vorangetrieben wird.
- weil wir uns dagegen wehren, dass sich Europa mit einer restriktiven rassistischen "AusländerInnenpolitik" nach außen abschottet und zur waffenstarrenden Festung ausgebaut wird.
- weil wir es unerträglich finden, dass immer größere Teile des öffentlichen Raumes privatisiert werden - mit Videoüberwachung, privaten Sicherheitsdiensten und der Vertreibung aller Menschen, die potentielle KäuferInnen in ihrer Konsumfreude stören könnten.
- weil unter dem Vorwand der Kriminalitätsbekämpfung durch Überwachung, Genanalysen und Rasterfahndung auch noch die letzten Reste persönlicher Freiheitsrechte über Bord geworfen werde.
- weil im Zuge der "inneren Sicherheit" alle unkommerziellen und alternativen Konzepte - wie in Heidelberg das Autonome Zentrum - systematisch verdrängt und schließlich zerschlagen werden sollen.
- weil wir wissen, dass "innere Sicherheit" immer nur die Sicherheit der Herrschenden und des kapitalistischen Profitsystems bedeutet.
- weil wir gegen ein Gesellschaftssystem stehen, in dem der Mensch nur dann etwas zählt, wenn er produziert, konsumiert oder selbst zur Ware wird.
- weil diese Stadt uns allen gehört; weil wir uns den Raum nehmen werden, zu leben, zu diskutieren, zu reden und zu feiern, wann, wo und mit wem wir wollen; ganz gleich, ob das den Verwertungsstrategen und Sicherheitsfanatikern passt oder nicht!

AIHD, 22.06.2002