Pressemitteilung zur „Parade“ »Lärm gegen Rechts« am 30.11.2000:

 

Die Jungen Sozialdemokraten Rhein-Neckar (JUSOS) haben - zusammen mit der DGB Jugend, den Jungen Liberalen und der Grünen Jugend - am 30.11. zu einer konzeptionell an die „Love-Parade“ angelehnten Demonstration unter dem Motto „Lärm gegen Rechts“ aufgerufen. Unterstützt wird dieses den Spaßfaktor in den Vordergrund stellende Event von dem Radiosender „Sunshine live“, der mit DJ’s (auf zwei eigenen LKW) die musikalische Umrahmung stellen will. [Das Ganze beginnt um 17.00 Uhr mit einer „Parade“ vor dem Hauptbahnhof, geht in eine „Parade“ auf dem Bismarckplatz über und endet dann mit einer Party im Karlstorbahnhof.]

 

Ausgerechnet die Jugendorganisation jener „Volkspartei“, die innerhalb der rot-grünen Bundesregierung unter anderem

§        die Beteiligung Deutschlands am völkerrechtswidrigen Angriffskrieg gegen Jugoslawien durchgesetzt hat,

§        die Überwachung des öffentlichen Raums (zur sozialen Ausgrenzung aller nicht verwertbaren Bevölkerungsgruppen) vorantreibt,

§        eine rigide Abschiebepraxis und Abschottungspolitik auf nationaler und internationaler Ebene betreibt (und mit „Law and Order“-Schily genau den „richtigen“ Innenminister dafür stellt),

§        für die faktische Abschaffung des Grundrechts auf Asyl mitverantwortlich ist,

§        für unerbittliches Vorgehen gegen (autonome) AntifaschistInnen steht, die konsequent und angemessen auf faschistische Attacken und Aufmärsche reagieren,

ruft zu einer Demonstration gegen „rechte Gewalt“ auf.

 

Vor diesem Hintergrund können wir einer sozialdemokratischen Jugendorganisation, die sich (gerade hier in Baden-Württemberg) voll und ganz auf Bundeskanzler Schröders Linie der so genannten „Neuen Mitte“ bewegt und die mit dieser als „Feier“ angelegten Veranstaltung höchstens aus imageeinbringenden oder wahltaktischen Gründen auf den Zug des bürgerlichen „Aufstands der Anständigen“ aufspringen will, die antifaschistische Stoßrichtung, die von dieser „Parade“ anscheinend ausgehen soll, keinesfalls abnehmen.

Dafür spricht auch, dass im Vorfeld dieser Kundgebung antifaschistische Organisationen, die wie die Vereinigung der Verfolgten des Naziregimes/Bund der Antifaschisten (VVN/BdA) seit Jahrzehnten gegen rechte Tendenzen in Staat und Gesellschaft kämpfen, noch nicht einmal über diese fast völlig allein von Parteien organisierte Veranstaltung informiert geschweige denn zur Teilnahme gebeten wurden.

 

Gegen Rechts helfen weder Spaßdemos/Lichterketten noch Betroffenheitsfloskeln oder Heucheleien in Fernsehen, Radio, Zeitungen und unzähligen LeserInnenbriefen. Vor allem, wenn offensichtlich ist, welchem Zweck dieses plötzliche Engagement gegen Rechts (nach jahrelanger Reduzierung des neofaschistischen Terrors zum bedeutungslosen „Randgruppenproblem“) eigentlich dient: der eigens für Jugendliche aufbereiteten Ablenkung von sozialdemokratisch verantwortetem Abschiebeterror, rotgrüner Asylgesetzgebung und rassistisch aufbereiteter Flüchtlingspolitik.

 

Es helfen keine härteren Gesetze, keine beschleunigten Verfahren gegen rechte GewalttäterInnen, keine Polizei, kein im Innern eingesetzter Bundesgrenzschutz (die BRD ist bereits ein handlungsfähiger, vollelektronisch gesteuerter, technologisch/chemikalisch ausgerüsteter und juristisch abgesicherter Polizei[rechts]staat).

Es helfen auch keine Lippenbekenntnisse, kein Betroffenheitsgefasel und auch keine Lichterketten oder - wie in diesem Fall - Love-Parade-ähnliche, inhaltslose „Demos“.

 

Es braucht entschlossenen Widerstand und Aktionen gegen FaschistInnen und das rassistische Gesamtsystem der BRD. Unsere Mittel gegen rassistische Politik und faschistischen Terror sind permanente Aufklärung über Nazi-Strukturen und staatlichen Rassismus, antifaschistische Selbsthilfe, Aktionen gegen faschistische Strukturen, Verdrängung von FaschistInnen aus dem öffentlichen Raum und selbstbestimmte, link(sradikal)e Kultur und Politik.

 

An den Anstand der Aufständischen:

Gegen staatlichen Rassismus und faschistischen Terror!

Für ein solidarisches Miteinander statt rassistische Ausgrenzung!

Antifaschismus muss praktisch werden!

 

Heidelberg, 30.11.2000