Fahrradtour für atomare Abrüstung

Zwölf Radler starteten in Heidelberg – Peinlichkeit bei Auftaktveranstaltung
Die Initiative „Gewaltfreie Aktion – Atomwaffen abschaffen“ (GAAA) aus Kornwestheim hatte eine sechstägige „Aktionsradtour für atomare Abrüstung“ organisiert. An der Tour nahmen etwa zwölf Radler teil, die Auftaktveranstaltung fand im Karlstorbahnhof statt. Dort kam es zu einer peinlichen Szene um den Heidelberger Bundestagsabgeordneten Lothar Binding (SPD), der von der GAAA zu der Veranstaltung eingeladen worden war.
Es begann damit, dass die weniger als 15 Teilnehmer der Veranstaltung ein Flugblatt von der „Antifaschistischen Initiative Heidelberg“ (mit der E-Mail-Adresse des Autonomen Zentrums) in die Hand gedrückt bekamen. Die Autoren des Flugbtatts protestierten gegen die Radtour: „Diese Aktionsradtour stelle sich ... in die schlechte Tradition einer Friedensbewegung, der es schon immer um die Bewahrung der deutschen Heimat und nicht um den Kampf gegen die Nato- Kriegspolitik ging.“ Speziell Lothar Binding wurde in dem Flugblatt angegriffen: „Binding gehört zu den Abgeordneten, die den Angriffskrieg gegen Jugoslawien beschlossen haben.“ In dem Veranstaltungsraum des Karlstorbahnhofs wurde Lothar Binding von den Radlern und einigen Heidelbergern ebenfalls im Zusammenhang mit dem Jugoslawienkrieg vor einem Jahr angegriffen.
Als der RNZ- Fotograf die Radler und Lothar Binding fotografieren wollte (der RNZ war der Termin von der GAAA mitgeteilt worden), wurde die Situation peinlich. Bernd Messmer vom Friedensladen Heidelberg (lokaler Kooperationspartner der GAAA) „Das kotzt mich an, dass der (Binding, d. Red.) schon wieder fotografiert wird. Es war ein Fehler, Sie einzuladen.“ Darauf wollte Binding den Raum verlassen: „Ich will kein ungebetener Gast sein. Ich lade Sie gerne ein zu einer Runde mit anderen Politikern.“
Schließlich überredeten die Radler den Bundestagsabgeordneten zum Bleiben. Vom Publikum entschuldigte sich unter anderem Dr. Hannelis Schulte, Stadträtin der PDS, für die Form der Angriffe: „Ich möchte nicht, dass jemand, der eingeladen ist, sich unwohl fühlen muss. Es tut mir leid, dass ich das vorhin nicht kapiert hatte.“ Messmer war schon zuvor gegangen.
 Schließlich erläuterte Roland Blach von der GAAA die Ziele der Radtour. Der Protest richte sich gegen die Nato. die in ihrer Strategie weiterhin Atomwaffen vorsehe. Die Tour sollte nach Cochem führen, wo in der Nähe US- Atomwaffen stationiert seien. Was waren Motive einzelner Radler? Ein Teilnehmer: „Was gehen euch meine Hintergedanken an?“ Der nächste: „Atomwaffen sind verwerflich und unnütz.“ Ein Vater mit Sohn: „Ich brauchte das mal, dass ich mich wieder engagiere.“ Eine Frau: „Meine Enkel sollen überleben.“
In der folgenden Diskussion mahnte Binding wiederholt bei den Rednern Genauigkeit an. Als ein Sprecher dem Verteidigungsminister Scharping bestimmte Äußerungen unterstellte, verlangte Binding dafür Belege. “Er diskreditiert jemanden, und dann ist es nicht nachweisbar.“ Die RNZ befragte Blach als Veranstalter nochmals zu dem Zwischenfall bei dem Foto- Termin. Blach: „Die Bundesregierung hat sich nicht gerade Freunde gemacht. Binding spielt dabei nicht die Hauptrolle. Wir haben ihn eingeladen, um Unterstützung zu finden.“

RNZ, 31.07.2000