hob.
Erst ein Vortrag des ehemaligen Bundesbankpräsidenten, dann
eine politische Kundgebung unter dem Motto ,,Zusammen kämpfen, zusammen
feiern" - es waren zwei Weltanschauungen1 die auf engstem Raum
aufeinander prallten. Während Hans Tietmeyer in der Neuen Universität
redete, beging die Antifaschistische Initiative Heidelberg auf dem Universitätsplatz
ihren Aktionstag. Mitorganisator M. hätte den Titel seines Vortrages
anders gewählt: nicht ,,Geld und Moral“, sondern „Geld oder Moral".
Die
autonome Szene Heidelbergs wollte die Nacht zum 1. Mai nutzen, um das offizielle
,,Malansingen" der Burschenschaften zu verhindern, das dieses Jahr allerdings
auch gar nicht geplant war. Traditionell trafen sich bis 1997 Mitglieder
der Studentenverbindungen auf dem Marktplatz, um den Mal mit volkstümlichen
Liedern zu begrüßen. Die Autonomen behaupten - entgegen Beteuerungen
der Studentenverbindungen -, dass früher alle drei Strophen des Deutschlandliedes
gesungen worden seien.
Anders
als vor vier Jahren verlief dieses Jahr alles ruhig. Die ,,Normannia“ und
die ,,Allemannia“ blieben auf ihren Burschenschaftshäusern und ließen
sich von der gegen sie gerichteten Demonstration auf dem Universitätsplatz
nicht provozieren. Und auch die Autonomen demonstrierten friedlich. Kurzzeitig
tanzten bis zu 500 junge Menschen zu den Ska- und Reggae-Rhythmen der Band
,,Irie Revoltés“.
Die
gute Laune der Heidelberger blieb ungetrübt. Nur ein paar Anwohner
der Neckarwiesen beschwerten sich über lärmende nächtilche
Gäste. Und die Spaziergänger mussten am nächsten Morgen
aufpassen, dass sie nicht in Glasscherben traten. M. befürchtet aber,
dass die nächste Nacht zum 1. Mai weniger friedlich verlaufen könnte
- denn die Burschenschaften und die CDU haben angekündigt, das traditionelle
Maiansingen wiederbeleben zu wollen.
Rhein-Neckar-Zeitung
vom 02.05.2001