Heidelberg wehrt sich gegen geplante NPD-Demo

Die „Jungen Nationaldemokraten“ wollen am 27. Oktober durch die Neckarstadt marschieren – Stadt will die Kundgebung verbieten
Es wird ein Großkampftag für die Polizei: Die Jungen Nationaldemokraten (JN), die Jugendorganisation der rechtsextremen NPD, wollen am Samstag, 27. Oktober, in Heidelberg demonstrieren. Dagegen formiert sich der Widerstand von Antifa-Gruppen, der IG Metall und der SPD. Gleich fünf politische Kundgebungen wurden für den 27. Oktober beim Ordnungsamt angemeldet. Die Stadtverwaltung indes will den Aufmarsch der Rechtsextremen verbieten.
„Ich hielte es für unerträglich, wenn es hier in Heidelberg einen Aufmarsch der jungen Nationaldemokraten geben würde.“ Oberbürgermeisterin Beate Weber will den Aufmarsch der Rechtsextremen mit allen juristischen Mitteln verhindern.
Prinzipiell bestünden zwei Möglichkeiten, die Versammlung zu verbieten, erklärt Heiner Bernhard, Leiter des städtischen Ordnungsamtes: Erstens, wenn bei der Kundgebung Straftaten zu erwarten seien; und zweitens, wenn sich ein polizeilicher Notstand ergebe, so dass die Sicherheitslage in der Stadt gefährdet sei. zurzeit würden die juristischen Feinheiten für ein Verbot der NPD-Demonstration überprüft. Letztendlich entscheide aber das Verwaltungsgericht, ob die Rechtsextremen am 27. Oktober unter dem Motto „Globalisierungswahn stoppen – stoppt die Weltpolizei USA“ in Heidelberg marschieren dürfen.
Ob die Demonstration verboten wird oder nicht, die Heidelberger Polizei wird am 27. Oktober massive Präsenz zeigen – nicht zuletzt, um gewalttätige Zusammenstöße zwischen Rechtsextremen und Autonomen zu verhindern. „Das wird ein sehr großer Einsatz“, sagte Polizeisprecher Harald Kurzer. Mit Argusaugen würden die Sicherheitskräfte auf eine mögliche Bewaffnung der Demonstranten achten, das Vermummungsverbot durchzusetzen und nicht zuletzt das „Aufmarschieren in Formationen“ verhindern.
Nach wie vor ist es offen, ob die Rechtsextremen durch Heidelberg marschieren dürfen.
Die NPD-Gegner sind deshalb für alle Fälle gewappnet. Inspiriert von den Erfolgen am 1. Mai in Mannheim, als eine Kundgebung der Nationaldemokraten kurz nach ihrem Start am Hauptbahnhof von Gegendemonstranten gestoppt wurde, wollen Gewerkschaften, demokratische Parteien und antifaschistische Gruppen auch dieses Mal Präsenz zeigen und die NPD-Demonstration im Keim ersticken. “Es darf nicht passieren, dass unsere Stadt vom braunen Sumpf missbraucht wird“, erklärt der Heidelberger IG-Metall-Chef Pat Klinis. Unter dem Motto „Eine Stadt wehrt sich“ ruft er alle demokratischen Kräfte auf, am 27. Oktober von 10 bis 17 Uhr auf dem Bismarckplatz zu demonstrieren. Der Bundestagsabgeordnete Lothar Binding sagt eine Teilnahme der SPD zu. Klinis erklärt: „Wir wollen ungebetenen neonazistischen Besuchern verdeutlichen, dass sie in Heidelberg nicht willkommen sind.“
Ob die Kundgebung der Demokraten auch stattfindet, wenn die JN-Demo verbiter wird, kann der IG-Metall-Chef nicht abschließend beantworten. Er könne es sich aber durchaus vorstellen, dass die demokratischen Kräfte Heidelbergs auch ohne den NPD-Aufmarsch Präsenz zeigen. Allerdings fehle dann natürlich der Hauptanlass.
„Turnleft“ und die Antifaschistische Initiative Heidelbergs (AIHD) wollen ihre gemeinsame Demonstration „Fight Racism“ auf jeden Fall durchziehen. Mit drei Wagen und mehreren Bands wollen die Antifa-Gruppen vom Uni-Platz in Richtung Römerkreis ziehen, „um mit guter Stimmung und Entschlossenheit zu zeigen. dass in Heidelberg kein Platz für Rassismus ist“, wie Turnleft-Sprecher David Benedeck erklärt. „Autonome aus einigen Städten Süddeutschlands haben bereits ihr Kommen zugesagt“, berichtet AIHD-Sprecher Michael D..
Zwei weitere politische Gruppen meldeten Versammlungen beim Ordnungsamt an. Der  Friedensladen im Eine-Welt-Zentrum möchte am Bismarckplatz „gegen Krieg und Rassismus“, der VVN-BdA am Bahnhofsvorplatz „gegen Neofaschismus und Rassismus“ demonstrieren. Beide Gruppen möchten aber nicht nur ihr eigenes Süppchen kochen, sondern eng mit Turnleft und der AIHD kooperieren, wie Benedeck berichtet.
Trotzdem steht das Ordnungsamt vor einem Problem: Wenn alle Demonstrationen so stattfänden, wie sie angemeldet wurden, müsste der Bismarckplatz aus allen Nähten platzen, wäre ein Zusammenstoß zwischen verfeindeten Demonstranten wahrscheinlich nicht zu verhindern. Die NPD möchte dort ihre Abschlusskundgebung abhalten, IG Metall und SPD, Friedensladen, Turnleft und AIHD - alle wollen auf das Areal.
 Ordnungsamtsleiter Heiner Bernhard indes erklärt, dass der Bismarckplatz am 27. Oktober nach Möglichkeiten von politischen Kundgebungen freigehalten werden solle, damit der Öffentliche Personennahverkehr weiter fließen könne und die Polizeitaktik nicht behindert werde. Deshalb werden die Demo-Veranstalter wohl auf jeden Fall mit entsprechenden Auflagen rechnen müssen.

Holger Buchwald, RNZ, 18.10.2001