„Die Innenstadt wird davon nicht tangiert“

Rechtsradikale dürfen demonstrieren, erhielten aber scharfe Auflagen – „Ostermarsch“ und Antifaschisten wollen rechten Marsch verhindern
Die Rechtsradikalen haben noch immer nicht genug. Nur eineinhalb Jahre, nachdem die „Jungen Nationaldemokraten“, die Jugendorganisation der NPD, vergeblich versuchen, durch Heidelberg zu marschieren, will heute die rechtsextreme „Karlsruher Kameradschaft“ unter dem Motto „Amis raus, Freiheit rein“ in der Stadt eine Kundgebung abhalten. Das städtische Verbot dieser Demonstration hatte vor dem Verwaltungsgericht Karlsruhe zwar keinen Bestand, die Rechten dürfen aber nicht, wie ursprünglich geplant durch die Innenstadt marschieren.
Die Karlsruher Richter folgten der Argumentation von René Pöltl, Leiter des städtischen Ordnungsamtes, dass in der Altstadt die Sicherheit nicht zu gewährleisten sei, wenn hier eine Demonstration abgehalten würde.
„Formell haben zwar die Rechten gewonnen, inhaltlich sind aber wir die Sieger des Rechtsstreits“, freut dich Pöltl: “Die Innenstadt wird nicht tangiert.“ Die Stadt hat der „Karlsruher Kameradschaft“ scharfe Auflagen erteilt. Die Rechtsextremen dürfen nur auf dem Willy- Brandt- Platz, dem östlichen Bahnhofsvorplatz, zwischen 13 und 16 Uhr eine Kundgebung abhalten. Versuche, doch in der Innenstadt zu demonstrieren, würden sofort unterbunden, erklärt Pöltl: "Die kriegen keine Chance."
Hinter der rechten Demonstration steht nach bisherigen Erkenntnissen der Hamburger Christian Worch, ein ehemaliger Weggefährte des Neonazis Michael Kühnen. Als Hauptredner hat die „Karlsruher Kameradschaft“ den ehemaligen RAF- und NPD- Anwalt Horst Mahler angekündigt. Dies könnte aber auch ein Versuch sein , Möglichst viele Rechtsextreme für die Kundgebung zu mobilisieren. Es wurden 300 Teilnehmer angekündigt.
Die „Karlsruher Kameradschaft“ wird möglicherweise versuchen, gegen die städtische Verfügung zu klagen, um doch noch einen Demonstrationszug durchzusetzen. Nicht zuletzt deshalb hat die Antifaschistische Initiative Heidelberg für 11.30 Uhr eine Gegendemonstration angekündigt, die an der Stadtbücherei starten wird. Die Initiatoren erwarten rund 1500 Teilnehmer, die wohl auf jeden Fall versuchen werden, zum Hauptbahnhof zu kommen, „um den Faschisten direkt entgegenzutreten“, wie es in einer Pressemitteilung heißt.
Für den heutigen Samstag hat auch das Heidelberger „Bündnis gegen den Irakkrieg“ ab 12 Uhr zu einem „Ostermarsch“ aufgerufen. Ursprünglich sollte die Route wieder vom Bismarckplatz zum US- Hauptquartier un der Römerstraße führen. Nun plant das Bündnis aus Kirchen, Gewerkschaften, Attac, Volkshochschule, Karlstorbahnhof und Bündnis 90/Die Grünen Odenwald Kraichgau, aber einen Umweg über den Hauptbahnhof.
Auf den Busparkplätzen in der Kurfürstenanlage wollen sie eine „Zwischenkundgebung“ abhalten, bevor der Zug sich weiter in Richtung US- Hauptquartier in Bewegung setzt. „Wir wollen die Nazis nicht in Heidelberg“, erklärt Joachim Guillard. Für ihn ist es unerträglich, dass die Rechten mit Antikriegsparolen ihr Süppchen kochen. Die „Ostermarsch“- Organisatoren wollen den Rechtsextremen zwar die Stirn bieten, aber auch einen Sicherheitsabstand einhalten, damit kein Demonstrant gefährdet wird.
„In der Innenstadt wird man von alldem wohl nichts merken“, beruhigt Polizeisprecher Harald Kurzer diejenigen, die am Samstag vor Ostern einkaufen wollen. Nur kurzfristig, wenn der Ostermarsch sich um 12 Uhr am Bismarckplatz sammele, sei mit geringen Beeinträchtigungen zu rechnen. „Die bisher vom Heidelberger Bündnis gegen den Irakkrieg organisierten Kundgebungen verliefen sämtlich friedlich und ohne Zwischenfälle, auch die Beeinträchtigungen des Straßenverkehrs hielten sich in Grenzen“, heißt es dazu in einer Pressemitteilung.
Mit massiven Verkehrsbeeinträchtigungen ist allerdings ab kurz nach 12 Uhr in der Kurfürstenanlage und in der Gegend um den Hauptbahnhof zu rechnen. Kurz nach 16 Uhr wird voraussichtlich aber auch dort der Spuk vorüber sein. Die Polizei ruft alle Demonstrationsteilnehmer zu Besonnenheit und Zurückhaltung auf. Es gelte die „bislang hohe Demonstrationskultur in Heidelberg zu bewahren“.

Holger Buchwald, RNZ, 19.04.2003