In Heidelberg ist Kein Platz für Rechte
Rechtsextreme wollten in Heidelberger Traditionskneipe ausweichen
- Die Rechnung ohne den Wirt gemacht

Von Christian Pieterek und Götz Münstermann

Heidelberg. Die Burschenschaft „Normannia" in Heidelberg hatte nie vor, die Veranstaltung „ Heidelberger Gespräche unterm Schloss", die für den heutigen Samstag geplant war, wirklich abzusagen. Die „Absage", die Vertreter der Burschenschaft der Rhein-Neckar-Zeitung auf Anfrage mitteilten, war schlichtweg eine Finte.
Fakt ist, die Veranstaltung sollte stattfinden, zwar nicht wie vorgesehen im „Normannenhaus" unter dem Heidelberger Schloss, sondern zur gleichen Zeit in dem Heidelberger Traditionslokal „Essighaus" in der Plöck. Entsprechende Mitteilungen sind von der Burschenschaft „Normannia" an die bisher angemeldeten Teilnehmer verschickt worden. Auch an der umstrittenen Rednerliste wurden danach keine Abstriche gemacht.
Wie gestern berichtet, sollten bei dem Seminar Referenten aus dem rechtsradikalen Spektrum zum Thema „Deutschland in der Globalisierungsfalle!?" sprechen. Einige der Referenten stehen unter Beobachtung des Verfassungsschutzes und wurden teilweise wegen Volksverhetzung rechtskräftig verurteilt.
Unter Vorspiegelung falscher Tatsachen", so der „Essighaus"-Wirt Stefan Eberle, hatte die Burschenschaft Normannia den Nebenraum der Gaststätte in der Altstadt reserviert. „Uns wurde gesagt, es handele sich um eine ganz normale Verbindungsveranstaltung, die auch die Altherrenschaft genehmigt habe", so Eberle.
Die Betreiber des „Essighauses" haben nach Bekanntwerden der Hintergründe der scheinbar harmlosen Veranstaltung die Reservierung gekündigt. „Wir legen Wert darauf, dass jeder zu uns kommen darf, der auf dem Boden der demokratischen Grundordnung steht", so Eberle. Für diese Grundhaltung sei das „Essighaus" bekannt. Aber man lasse sich den guten Ruf nicht durch rechtsextremistische Umtriebe ruinieren. Zudem habe man die Polizei und den Staatsschutz informiert.
Wir wollten  am gestrigen Freitag der Burschenschaft Gelegenheit geben, sich zu der mehr als umstrittenen Veranstaltung zu äußern. Am Telefon meldete sich ein Herr Müller, seinen Vornamen wollte er nicht nennen. Er bezeichnete sich als „der Oberberechtigte" der Burschenschaft, um Auskunft zu geben. Doch eine inhaltliche Auseinanderset-zung über die „Heidelberger Gespräche" und ihre Referenten lehnte der Herr Müller ab. Woher wir unsere Informationen hätten, war sein einziges Interesse.„Die Veranstaltung findet nicht statt", wiederholte er ein paar Mal und unterbrach das Gespräch, als wir unsere Informationsquelle auch nach längerem Nachfragen nicht nennen wollten.
Fakt ist, wir wissen jetzt lediglich, wo die umstrittene Veranstaltung nicht statt finden wird: Weder im „Normannenhaus" der Burschenschaft, noch im Ausweichquartier „Essighaus". Doch die Rechten sind mobil: Schon in der Vergangenheit wurden immer wieder kurzfristig die Veranstaltungsorte gewechselt, um eventuellen Störungen aus dem Weg zu gehen. Bleibt zu hoffen, dass für diese Art von „Seminaren" oder „Gesprächen" in Heidelberg weiterhin kein Raum ist.

Rhein-Neckar-Zeitung, 10.07.2004