Scharfe politische Töne auf dem Bergfriedhof
Gestern beim Gedenken an die Opfer des Faschismus - Deutliche Absage der Veranstalter an "neoliberale Globalisierung"
Den Opfern des Faschismus und der rechten Gewalt wurde gestern auf dem Heidelberger Bergfriedhof gedacht. Eingeladen hatten neben dem Deutschen Gewerkschaftsbund unter anderem auch der Bund der Antifaschisten.
Scharfe politische Töne gegen neuen Rechtsextremismus und die etablierten Parteien prägten an Allerheiligen die traditionelle Gedenkfeier für die Opfer des Faschismus und der rechten Gewalt im Bergfriedhof.
Zu der Veranstaltung hatten auch diesmal der Deutsche Gewerkschaftsbund Rhein-Neckar und die Vereinigung der Verfolgten des Naziregimes(VVN)/Bund der Antifaschisten Heidelberg eingeladen. Neben ihnen legten Vertreter von PDS, DKP, Deutschem Freidenker-Verband und VVN Bautzen Kränze am Ehrengrab von 31 deutschen und französischen Widerstandskämpfern nieder.
Nach den Worten von Professor Dieter Fehrentz von der VVN Heidelberg wurden diese 31 ermordet, "weil sie die Wahrheit sagten und den Lügen der Nazis widerstanden". Doch ihre Vision von einem freiheitlichen und friedlichen Deutschland habe sich noch immer nicht erfüllt. So wies denn auch die Hauptrednerin der Gedenkfeier, die Bundesgeschäftsführerin von Attac Deutschland, Sabine Leidig, auf den anwachsenden Rechtsextremismus und die Zunahme rechter Tendenzen in der Gesellschaft hin. Nach ihrer Diagnose existiert heute in breiten Bevölkerungskreisen ein Potenzial für faschistische Tendenzen, während sich die etablierten Parteien einerseits einer neoliberalen Globalisierung geöffnet hätten und andererseits "die Wohlstandsfestung Europa" hermetisch abzuriegeln versuchten.
Was die Rednerin vermisst, ist eine "menschenwürdige, soziale und partizipatorische Alternative" zur heutigen Politik bis hin zu Hartz IV, eine ernsthafte Auseinandersetzung über die Ursachen des sich ausbreitenden Rechtsextremismus und eine Stärkung der Zivilgesellschaft. Hier aber gibt es noch Defizite, wie ein Sprecher der Antifaschistischen Initiative Heidelberg verdeutlichte. Außerparlamentarischer Widerstand werde bis heute kriminalisiert, wofür er als Beispiel jenen mit "Berufsverbot" belegten Heidelberger Lehrer nannte, dessen Fall gerade durch die Medien ging.
Während diesmal Repräsentanten von Verfolgtenvereinigungen aus Frankreich fehlten, war Heidelbergs Partnerstadt Bautzen mit einer eigenen VVN-Delegation vertreten. Ihre Sprecherin, Angelika Janak, rief dazu auf, Kindern und Enkeln die Verfolgung der Widerstandskämpfer des Dritten Reiches immer wieder nahe zu bringen, um für die Zukunft gerüstet zu sein. "Alte und neue Nazis dürfen keine Chance bekommen, das Rad der Geschichte wieder zurückzudrehen".

Rhein-Neckar-Zeitung, 2. November 2004