Globalisierung des Widerstands statt völkischer Rassismus!

Unter den Mottos „Globalisierung stoppen“ und „Stoppt die Weltpolizei USA“ wollen heute die Jungen Nationaldemokraten, die Jugendorganisation der neofaschistischen NPD, durch Heidelberg marschieren. Auch wenn sie damit - in relativ moderater Art und Weise - den Eindruck erwecken wollen, sich aktuell jenen Themen zuzuwenden, mit denen politische Anknüpfungspunkte zu breiteren Bevölkerungsschichten gefunden werden können, steckt ein einfaches völkisch-rassistisches Muster hinter dieser Stoßrichtung.
Nicht ohne Grund hat beispielsweise die neonazistische Kameradschaft Gera zum 1. Mai 2001 mit Argumentationsfiguren hantiert, die ohne Weiteres einem linken Positionspapier gegen Globalisierung entnommen sein könnten.
Ihrer Meinung nach verkommt die „Wirtschaft [...] zur ungenierten Geldvermehrung immer weniger Superreicher. Durch unkontrollierte multinationale Konzerne werden Millionen von Arbeitsplätzen vernichtet. Riesige Geldbeträge werden Tag für Tag um die Welt geschoben für Luftgeschäfte, die keinen Bezug zur realen Arbeitswelt haben.“
Die Suche nach dem offenen Anschluss an den vermeintlich linken Globalisierungsdiskurs beruht bei den bekennenden AntisemitInnen der NPD, der JN und ihrer kameradschaftlichen Verbündeten auf einem völkisch unterfütterten Antikapitalismus, der auf einer plumpen Unterscheidung zwischen Produktiv- und Finanzkapital fixiert wird. Und um dabei ihrer billig verbrämten Volksgemeinschaftsideologie notwendig eine äußere, nicht-deutsche Bedrohung hinzufügen zu können, müssen die Nazis den abstrakten kapitalistischen Vergesellschaftungszusammenhang, der tendenziell alles durchdringt und so zu Formen totaler Vergesellschaftung führt, unzulässig verdinglichen und personalisieren. Der Hauptort dieses bewusst und ausschließlich an der Oberfläche der kapitalistischen Warenvergesellschaftung kratzenden „Antikapitalismus“ von rechts ist die „jüdisch unterwanderte“ Supermacht USA. Die „Weltpolizei“ - im Übrigen auch mitverantwortlich für den Sieg über das nationalsozialistische Dritte Reich - wird unter Bezug auf verschwörungstheoretische Versatzstücke aus der faschistischen Mottenkiste zum Dreh- und Angelpunkt des spekulativen Finanzkapitals, zur Drahtzieherin globaler Verelendungsprozesse, zum Kopf der „mammonistischen Weltherrschaft“ (Horst Mahler). Die Vereinigten Staaten sind für die Nazis die Hauptakteure auf dem Feld des Finanzkapitals und des so genannten Neoliberalismus und bringen dem „Staat als Vertreter des deutschen Volkes“ unter anderem „Multikulturalismus“, Arbeitslosigkeit und Lohnniveausenkungen. Durch diese „Amerikanisierung“ der politischen Kultur wird „die Vorherrschaft der Finanzmächte, die Zerstörung der deutschen Kultur“ festgeschrieben, die „der deutschen Volksgemeinschaft Ressourcen und Reichtum“ entzieht. Damit folgen die „Ideologen“ der Jungen Nationaldemokraten agitatorisch der antisemitischen Unterscheidung zwischen einem werteschaffenden produktiven, deutschen Investitionskapital auf der einen Seite und einem unproduktiven, sich parasitär von Zinserträgen nährenden, jüdischen Finanzkapital auf der anderen Seite.

Lassen wir es nicht zu, dass Nazis ihre antisemitische Propaganda unter dem Deckmantel plumper Globalisierungskritik auf die Straße tragen. Lassen wir es nicht zu, dass Nazis ihre Phrasen von gefährlichem „Multikulturalismus“ öffentlich als „Protest gegen die herrschenden Zustände“ deklarieren. Der Protest der Nazis ist keine fundierte Herrschaftskritik, sondern übelste rassistische Volksgemeinschaftspropaganda.

Dem globalisierungsfeindlichen Antikapitalismus von rechts entgegentreten!
Für die Globalisierung des Widerstands!
Keine Nazis in Heidelberg und sonstwo!
Kampf dem Antisemitismus!

Heidelberg, 27.10.2001 (verteilt auf der Demonstration gegen den JN-Aufmarsch)